Die Deutsche Mineralogische Gesellschaft (DMG) verleiht Prof. Dr. Claudia Weidenthaler die Georg-Agricola-Medaille im Jahr 2023 für ihre herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Angewandten Mineralogie.
Claudia Weidenthaler wurde 1965 in Nittenau geboren, studierte Geologie, Mineralogie und Kristallographie an der Universität Würzburg und promovierte an der Universität Mainz. Nach Jahren an den Universitäten Bremen und Frankfurt ist sie seit 1999 am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr tätig, wobei sie sich 2015 begleitend an der Universität Duisburg-Essen habilitierte. Claudia Weidenthaler erhält diesen Preis aufgrund ihrer hervorragenden Arbeiten zur Aufklärung von Struktur-Eigenschaftsbeziehungen funktioneller Energiematerialien mithilfe von Beugungs- und spektroskopischen Methoden in situ/operando.
Die Forschungsaktivitäten von Frau Weidenthaler sind auf die kristallographische Charakterisierung anorganischer funktioneller Feststoffe fokussiert. Diese werden entweder als Katalysatoren in chemischen Reaktionen oder für die Energiespeicherung und -konversion genutzt. Struktur-Eigenschaftsbeziehungen werden auf unterschiedlichen Längenmaßstäben untersucht, von der gemittelten Kristallstruktur bis hin zur Lokalstruktur amorpher oder ungeordneter Verbindungen. So hat Frau Weidenthaler beispielsweise mithilfe von In-situ-Beugungsuntersuchungen von Feststoff-Wasserstoffspeichern wesentlich zum Verständnis von Struktur-Eigenschaftsbeziehungen der Gruppe komplexer Aluminiumhydride als Speicher beigetragen. In-situ-Untersuchungen unterschiedlicher Katalysatoren für eine nachhaltige Spaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff für Brennstoffzellen sind ein weiteres ihrer mit dem Thema Energiematerialien verknüpften Forschungsfelder. Beispielsweise werden anorganische Oxid-Katalysatoren von der Nukleation auf atomarer Ebene bis hin zur Kristallisation des Nanomaterials strukturell analysiert. Mit entsprechend konstruierten Probenumgebungen gelang es ihr, strukturelle Umwandlungen von anorganischen Feststoffen direkt während des Mahlprozesses in Kugelmühlen zu untersuchen. Die unkonventionelle Kombination dieser Mechanosynthese von beispielsweise Spinellen oder Perowskiten mit der gleichzeitigen Röntgenbeugung an Synchrotronquellen gibt detaillierte Einblicke in die Mechanismen der Festkörpersynthese, ihre Kinetik sowie strukturelle oder mikrostrukturelle Änderungen. Die Entwicklung und Implementierung neuer, maßgeschneiderter Probenumgebungen für In-situ-Experimente unter Reaktionsbedingungen sind ein zentrales Thema ihrer Forschung.
Claudia Weidenthaler konnte über die letzten drei Jahrzehnte sehr erfolgreich kristallographisches und materialwissenschaftliches Fachwissen in viele interdisziplinäre Projekte einbringen. Sie hat über 150 international begutachtete Zeitschriftenartikel veröffentlicht und als Autorin oder Co‐Autorin an mehreren Monographien mitgewirkt.
Die DMG ehrt mit Prof. Dr. Claudia Weidenthaler eine Mineralogin, deren Arbeiten neben ihrer grundlegenden wissenschaftlichen Bedeutung auch wesentlich zur Entwicklung von Materialien für die Energiewende beigetragen haben und damit die Bedeutung der Angewandten Mineralogie für die nachhaltige Transformation von Industrie und Gesellschaft zeigen.
— Daniel Vollprecht ∙ Augsburg