Deutsche Mineralogische Gesellschaft

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Gmit Sep 2021 DMG Grußwort, verfasst 30.7.2021

Welches ist der größte Transfer gelöster chemischer Elemente an der Erdoberfläche? Es ist die Aufnahme chemischer Element durch höhere Pflanzen. Es passiert, wenn Gestein verwittert. Wie man dies ermittelt, was es mit Mineralogie zu tun hat und was dies für nachhaltiges Wirtschaften im “System Erde” bedeutet, erläutere ich am Beispiel unserer eigenen Forschung.

Liebe Mitglieder und Freunde der DMG,

Heute gibt es etwas Wissenschaft im Grußwort. Denn ich verfasse es in der Sommerpause, in der gerade keine bahnbrechenden Entwicklungen aus der Gesellschaft zu berichten sind. Es geht um Pflanzen (!), an denen wir in unserer Gruppe „Geochemie der Erdoberfläche“ am GeoForschungsZentrum Potsdam arbeiten, und was diese mit Mineralogie zu tun haben. Vielleicht interessiert es ja die eine oder den anderen, was ihr DMG-Vorsitzender wissenschaftlich überhaupt so treibt. Ich beginne mit einer Frage.

Welches ist der größte Transfer gelöster chemischer Elemente an der Erdoberfläche? Für „Geochemiker der Erdoberfläche“ fällt die erste Wahl vermutlich auf die bei der Gesteinsverwitterung freigesetzten Elemente, die über die großen Flüsse in das Meer getragen werden. Und was steuert die Größe dieser Transfers? Nun, die Standardantwort wäre erstens Gebirgsbildung und Erosion, die mit Verwitterung korreliert ist, und zweitens Niederschlag und die darin enthaltene Kohlensäure, also eine klimatische Steuerung.

Im Rahmen des DFG Schwerpunktprogrammes „Earthshape – Earth Surface Shaping by Biota“, das ich ko-koordiniere, sind wir einem weiteren Steuerungsmechanismus nachgegangen. Pflanzenwachstum führt zu höherem Kohlensäuregehalt im Boden, was die Mineralauflösung beschleunigt. Höhere Pflanzen benötigen außerdem den essentiellen mineralischen Nährstoff Phosphor und weitere lebenswichtige Elemente wie Kalium und Magnesium, und sogar Silicium, das in Blättern als „Phytolithe“ in bis zu Prozentmengen als Abwehr gegen grasende Tiere gespeichert wird, oder um der Struktur Stabilität zu verleihen. Um an diese Nährstoffe zu gelangen, leben die Wurzeln mit Pilzen zusammen, sogenannte „Mykorrhizen“, die für die Pflanzen diese Elemente aus Mineralen freisetzen und dafür im Gegenzug Energie durch Kohlenstoff erhalten – ein genialer Handel der Natur.

Also lag die Hypothese auf der Hand: je mehr Pflanzenwachstum, desto mehr Gesteinsverwitterung. Dies haben wir im Schwerpunktprogramm in Chile entlang eines gewaltigen Vegetationsgradienten vermessen, und, weit gefehlt: die Gesteinsverwitterung nimmt mitnichten mit Pflanzenwachstum zu. Stattdessen fanden wir, welch tolle Recycler Pflanzen sind (in der Ökologie ist dies natürlich bekannt). Je mehr Pflanzenwachstum, umso häufiger werden Elemente wiederverwendet. Fallen sie in Blattstreu zu Boden, werden sie daraus direkt wieder aufgenommen. Global gesehen bewegt sich ein Element wie Kalium nach der Freisetzung durch Verwitterung ca. 20-mal durch die globale Biomasse, bevor es in einem Gewässer abtransportiert wird, Phosphor sogar 100-mal, und selbst Silicium ca. 5-mal. Die Antwort auf meine Frage oben lautet also: nicht die Flüsse - Pflanzen führen den größten Stofffluss an der Erdoberfläche durch!

Warum befassen wir uns mit dieser Frage überhaupt? Zunächst einmal fraktionieren Pflanzen bei der Aufnahme die stabilen Isotope dieser Elemente. Für Magnesium, Eisen, Silicium und Strontium und andere Metalle ist dies mittlerweile gut bekannt, und die Auswirkung der Pflanzenaufnahme auf die Isotope der Verwitterungszone interessiert uns, um daraus Massenbilanzen herzuleiten. Aber das ist eine andere Geschichte. Viel bedeutender ist, zu quantifizieren, welch empfindliche Balance zwischen lebender Welt und geologischer Welt hier im „System Erde“ besteht, ein System, dessen Funktionsweise derzeit durch die Eingriffe der Menschen in großer Gefahr ist. Damit müssen wir uns einfach befassen – auch als DMG-Thema. Und schließlich darf man einfach bewundern, wie sich die Natursysteme eine ressourcenschonende „Kreislaufwirtschaft“ zurechtgelegt haben, von der wir verschwenderische Menschen nur träumen können. Besser noch, an dieser könnten wir uns für unser Wirtschaften ein Beispiel nehmen. Möglichst bald.

Mit besten Grüßen
Ihr Friedhelm von Blanckenburg 

PS: Im November sind Wahlen für DMG-Vorstand, -Beirat und -Kommissionen. Bitte nehmen Sie teil. Informationen auf www.dmg-home.org

 

 

 

Worte des Vorsitzenden

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