Liebe DMG-Mitglieder,
Wissenschaft lebt vom Austausch der Ideen zwischen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Er erfolgt einerseits über die Publikation der Ergebnisse und Erkenntnisse in Fachzeitschriften, so dass sie beurteilt, bewertet und diskutiert werden können und die Kolleginnen und Kollegen in ihrer eigenen Arbeit darauf aufbauen können. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch der Austausch in Vorträgen, Postern und persönlichen Gesprächen bei Tagungen, Konferenzen und sonstigen größeren und kleineren Zusammenkünften. Die DMG richtet seit 1908 mit wenigen Unterbrechungen alljährlich eine Tagung aus und bringt die Forschenden der Mineralogie in Deutschland und den angrenzenden Ländern zusammen.
Hervorgegangen sind die DMG und ihre Tagungen aus der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ), die wiederum seit über 200 Jahren tagt und deren Gründung der Chemiker Johann Schweigger bereits 1818 empfahl. Schweigger regte öffentliche Versammlungen zur „Beförderung einer gegenseitigen Verbindung der Naturforscher Deutschlands“ an. Schon vor zwei Jahrhunderten erkannte er also die Bedeutung des persönlichen Austauschs zwischen den Forschern. Die Tagungen der DMG brachten zunächst nur wenige Dutzend Mitglieder zusammen, wuchsen aber in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts auf typischerweise um die 200 Teilnehmer (und ein paar wenige Teilnehmerinnen) an.
Mit der größeren Ausdehnung des Faches Mineralogie mauserten sich die DMG-Jahrestagungen um die Jahrtausendwende zu größeren Veranstaltungen mit rund 400 bis 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, und es wurden nach Einführung der Fachsektionen innerhalb der DMG zusätzlich zur Jahrestagung im Herbst die Sektionstreffen im Frühjahr eingeführt. Diese erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit und bieten die Gelegenheit eines sehr gezielten fachlichen Austauschs zu einem Teilgebiet der Mineralogie. Zu den Sektionstreffen reisen vor allem unsere studentischen Mitglieder an und nutzen die Gelegenheit der wissenschaftlichen Vernetzung und der ersten Erfahrung mit eigenen Präsentationen außerhalb der eigenen Alma Mater. Die Teilnehmerzahlen bei den Sektionstreffen liegen zum Teil im dreistelligen Bereich; die Treffen sind mittlerweile ein fester Bestandteil des Jahreskalenders.
International ist die DMG gut vernetzt und war sowohl bei der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) 1958 als auch der European Mineralogical Union (EMU) 1987 beteiligt. Die IMA richtet seit Mitte der 1980er Jahre alle vier Jahre eine große Tagung an weltweit wechselnden Orten aus, während die europäischen Mineralogen seit 2012 die emc-Tagung abhalten, die ebenfalls alle vier Jahre stattfindet. Innerhalb Deutschlands gehen die Bestrebungen hin zu einer stärkeren Vernetzung der Mineralogie (der „materialbezogenen Geowissenschaft“) mit den anderen Geowissenschaften. Diese sind mittlerweile im Dachverband der Geowissenschaften (DVGeo) organisiert und schließen Geologen, Paläontologen und Geophysiker mit ein. Seit 2015 fanden nun fünf gemeinsame Jahrestagungen der Gesellschaften des DVGeo an jeweils wechselnden Orten statt, die beispielsweise unter dem Namen 54 GMIT 94 · Dezember 2023 | Geolobby Deutsche Mineralogische Gesellschaft (DMG) GeoBerlin oder GeoMinKöln abgehalten wurden. Diese Tagungen brachten jeweils zwischen 500 und 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus allen Teilgebieten der Geowissenschaften zusammen und erfreuten sich allgemein großer Beliebtheit. Diese gemeinschaft- lichen DVGeo-Tagungen ermöglichen genau den Austausch innerhalb der Geowissenschaften und die gegenseitige Verbindung unter den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Johann Schweigger schon vor über zweihundert Jahren propagiert hatte. Gerade für unsere jüngeren Mitglieder stand die jährliche große GeoMin-Tagung schon als wichtiges Ereignis im Jahreskalender fest, nachdem diese innerhalb der letzten acht Jahre (nur unterbrochen durch die Covid-Krise) alljährlich stattgefunden hatte. Entsprechend groß war die Verwirrung, als in diesem Jahr wieder getrennte Jahrestagungen der DVGeo-Teilgesellschaften angekündigt und abgehalten wurden. Die Präsenz und Beteiligung der DMG-Mitglieder an der DGGV-Tagung in Berlin war dann auch beachtlich, und die Konkurrenzsituation, die zwischen den beiden Tagungen im September 2023 entstand, war sicherlich keiner der beiden Veranstaltungen zuträglich.
Aus meiner pers.nlichen Sicht lassen sich hieraus für die zukünftige Organisation der Tagungen folgende Erkenntnisse ziehen: Die DMG und ihre Mitglieder sollten sich auch weiterhin an den internationalen Mineralogen-Tagungen (IMA und emc) beteiligen. Der enge fachliche Austausch wird innerhalb der Sektionen während der gut etablierten Sektionstreffen im Frühjahr stattfinden. Darüber hinaus sollten wir aber eine große geowissenschaftliche Tagung aller im DVGeo vereinigten Gesellschaften abhalten, die nach dem sehr erfolgreichen Modell der vergangenen GeoMin-Tagungen das Potential hat, die unterschiedlichen Disziplinen zusammenzubringen, die großen Themen der Geowissenschaften zu adressieren und Teilnehmerzahlen im unteren vierstelligen Bereich anzuziehen. In diesem Sinne kündige ich hier schon voller Vorfreude die geplante gemeinsame Tagung in Göttingen 2025 an, bei der aller Voraussicht nach alle im DVGeo vereinigten Gesellschaften zu einer gemeinsamen Jahrestagung zusammen kommen werden. Vorher sehen wir uns aber zur vierten emc-Tagung im August 2024 in Dublin: emc-2024.org
— Euer/Ihr Horst Marschall