Deutsche Mineralogische Gesellschaft

Willkommen auf der Webseite der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft e.V. (DMG)

Wort des Vorsitzenden

Horst Marschall und sein erstes selbstgefundenes Fossil aus dem Jahr 1982 (Foto: privat)

Liebe Mitglieder und Freunde der DMG,

warum haben Sie sich für ein Studium der Geowissenschaften (bzw. der Mineralogie) entschieden? Bei mir selbst wurde das Interesse an der Erde schon im Kindergartenalter geweckt und begann mit der Faszination für den urzeitlichen Planeten, mit Dinosauriern und Vulkanen und der Frage, wie sich das Leben auf der Erde wohl entwickelt hat. Ganz entscheidend für mich als Kind war dabei die Möglichkeit, selbst Fossilien und Minerale suchen und finden zu können – diese kleinen Schätze bildeten eine konkrete Verbindung zwischen den faszinierenden, bunten Bildern in meinen Dinosaurierbüchern und der eigenen Wirklichkeit und meiner erlebten Umgebung. Wir wohnten damals in einem Vorort von Münster (Westf.), in dem die Waldwege mit Abraum aus den Steinkohlegruben des Ruhrgebietes befestigt waren. So stiefelte ich am Nachmittag mit einem Hammer aus Papas Werkstatt bewaffnet in Begleitung von Freunden oder Geschwistern in den nahegelegenen Wald, um die schwarzen Tonsteine aufzuschlagen. Wir fanden Abdrücke von Farnblättern, Schachtelhalm-Rinde und allerlei andere Pflanzen aus dem Karbon. Einige dieser Stücke stehen heute, über vierzig Jahre später, noch immer in meiner Vitrine. Sie besitzen natürlich nur einen geringen materiellen Wert und sind auch nicht von besonderem wissenschaftlichem Interesse, aber für mich bedeuteten sie die Initialzündung zu einer lebenslangen Faszination für die Erforschung der Ent stehung und Entwicklung unseres Planeten.

Eine kleine, nicht repräsentative Umfrage zeigt, dass bei vielen Studierenden und Kolleg*innen ähnliche Erlebnisse in der Kindheit ihr Interesse und ihre Begeisterung geweckt haben. Es war häufig die Möglichkeit, in einem Steinbruch oder in einer Grube nach Fossilien oder Mineralen zu graben, die die ersten selbstgefundenen Schätze sicherte und die Faszination für die Geowissenschaften entzündete. Ein selbstgefundenes Stück ist, mindestens für Finder oder Finderin, immer viel wertvoller als ein gekauftes, auch wenn gekaufte Stücke oft prächtiger sind und viel höhere Preise erzielen. Der ideelle Wert und das Erlebnis des selbst Entdeckens kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gerade Kindern zaubern ein paar winzige Pyrit-Körner, die sie selbst aus einem Schiefer rausklopfen, mehr Glanz in die Augen als die größte Kristallstufe in einer Museumsvitrine. 

Sorge bereitet mir nun die stetig schrumpfende Zahl an Orten, an denen Kindern die Möglichkeit offensteht, die Welt der Steine selbständig zu erkunden, herumzustöbern und eigene Funde zu ergattern. Aktive Steinbrüche sind für Laien aus versicherungstechnischen Gründen mittlerweile fast immer unzugänglich, und stillgelegte Abbaue sind entweder aufgefüllt, renaturiert, unter Naturschutz oder den Schutz der UNESCO gestellt oder einfach überwachsen und verwittert. Dies stellt ein erhebliches Hindernis für die kleinen, neugierigen Forscher*innen dar und kann sich mittelfristig nur nachteilig auf unsere Nachwuchszahlen an den Universitäten auswirken. 

Aber es gibt natürlich auch Lichtblicke und großartige Initiativen, die hier Abhilfe schaffen, indem sie darauf abzielen, der Bevölkerung den Zugang zur Erde zu ermöglichen. Vier Beispiele möchte ich hier aufführen, die in den letzten Jahren sehr erfolgreich angeschoben oder durchgeführt wurden und viele (vor allem junge) Bürger*innen erreicht haben. 

An der Universität Bonn wurde und wird unter der Leitung von Gösta Hoffmann die mehrfach ausgezeichnete Smartphone-App „OutcropWizard“ entwickelt, die mittlerweile europaweit mehr als 15.000 Aufschlüsse lokalisiert und beschreibt (https://outcropwizard.de). Die App bietet eine interaktive Karte, auf der man geologisch interessante Lokalitäten aller Art ausfindig machen kann, um so beispielsweise einen Familienausflug am Wochenende zu planen. Enthalten sind unter anderem Steinbrüche, Straßenaufschlüsse, heiße Quellen, Besucherbergwerke, Aussichtspunkte von geologischem Interesse und Freiluftmuseen. Der Aufbau der App wurde von den Universitäten Bonn und Aachen, der Klaus-Tschira-Stiftung und der DGGV unterstützt. Nutzer*innen werden dazu animiert, selbst zum weiteren Ausbau des Angebots beizutragen, so dass auch interessierte Laien ihre Entdeckungen mit der Gemeinschaft teilen können; so wird in jeder und jedem der Forschergeist geweckt. Die DMG hat sich in den letzten 25 Jahren zunehmend intensiver mit der Frage beschäftigt, wie mineralogische Lehrinhalte der Öffentlichkeit und dem Nachwuchs vermittelt werden können, und bemüht sich aktiv, diese Inhalte in die Schulen zu bringen. Große Erfolge feiert hierbei das von Roland Stalder initiierte mileko-Projekt, also die mineralogischen Lehrkoffer, die in unterschiedlichen Ausführungen erhältlich sind und dazu dienen, Schüler*innen im Rahmen des naturwissenschaftlichen Unterrichts mittels der enthaltenen Exponate (Minerale, Gesteine, Einkristalle, technische Produkte) den Zugang zu mineralogischen Themen zu ermöglichen. Das mileko-Projekt wird vom Arbeitskreis für Schule und Hochschule der DMG koordiniert und von der Alexander Tutsek-Stiftung finanziell unterstützt (www.dmg-home.org/mineralogie/mineralogischer-lehrkoffer). 

Ähnlich erfolgreich verliefen bei den letzten beiden Jahrestagungen der DMG (GeoMinKöln2022 und MinWien2023) der jeweils am Sonntag zu Beginn der Tagungen abgehaltene Familientag („Geowissenschaften zum Anfassen“), der von Bastian JoachimMrosko organisiert wurde. Diese Veranstaltungen verzeichneten vierstellige Besucherzahlen, und wer vor Ort war, wird die vielen begeisterten Kinder in Erinnerung behalten, die sich vor den Ständen drängten und überall dabei waren, wo es Experimente zum Mitmachen gab. Ganz besonders beliebt war auch hier die Station, bei der die Kinder selbst Minerale und Fossilien entdecken und ausgraben durften (www.geominkoeln2022.de/geowissenschaften-zum-anfassen.html) und https://minwien2023.univie.ac.at/earthsciencesday.html ). Eine der Attraktionen in Köln und Wien war die von Lutz Hecht und dem Berliner Museum für Naturkunde angebotene Möglichkeit, in schnödem Großstadtstaub echte Meteoriten zu finden, was mich zu meinem vierten Beispiel bringt.

Meteoriten üben seit jeher eine große Faszination auf Menschen aus, da sie als Boten anderer Welten die Neugier und Fantasie anregen. Sie dürften neben Vulkanen, Edelsteinen und Dinosauriern die wichtigsten Lockmittel für unseren jüngsten Nachwuchs darstellen. Den meisten Menschen bleibt es nicht vergönnt, selbst einen echten Meteoriten zu finden, und zur aktiven Suche muss man sich für gewöhnlich in abgelegene Winkel der Erde begeben (Sand- oder Eiswüsten). Dies gilt jedoch nur für größere Stücke, während kleinste Meteorite mit Durchmessern unter einem Millimeter ständig und in großer Zahl auf die Erde herabrieseln. Das von Lutz Hecht initiierte und geleitete Mikrometeoriten-Projekt beprobt die Dächer von Berlin und bindet interessierte Laien in die wissenschaftliche Arbeit mit ein. Nach Waschen, Sieben und Magnetseparation des von den Dächern gekehrten Staubs bleibt immer noch die Handauslese unter dem Mikroskop. Das ganze Projekt ist als Citizen-Science-Projekt angelegt und bezieht von der Probennahme über die Separation bis zur Auswertung der Ergebnisse interessierte Bürger aller Altersstufen mit ein. Auch bei diesem Projekt geht von dem Selbst-Entdecken die größte Faszination aus, und ein selbst gefundener Mikrometeorit ist dabei auf einmal mehr wert als das größte polierte Stück in einem Museum (www.museumfuernaturkunde.berlin/de/wissenschaft/berlin-sammelt-kosmischen-staub, siehe auch GEOfokus in GMIT 84). Diese Beispiele dienen hoffentlich als Anregung zur Beteiligung an den bestehenden Projekten und vielleicht auch zur Nachahmung und zum Entwurf eigener Initiativen. Falls Sie selbst Ideen haben, gibt es bei der DMG, dem DVGeo und den anderen Geogesellschaften Möglichkeiten, Unterstützung für eine Initiative zu finden. Die Fachgesellschaften sind sehr an der Förderung des Nachwuchses und an der Vermittlung mineralogischer und allgemein geowissenschaftlicher Themen in der allgemeinen Bevölkerung interessiert und es gehört zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben dies zu verfolgen. — Euer/Ihr Horst Marschall

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