Einschlüsse in Diamanten - Botschafter aus dem Erdmantel

 

Diamant ist im Erdmantel, in Abhängigkeit von der Größe des lokalen geothermischen Gradienten, die stabile Modifikation des Kohlenstoffs ab einer Tiefe von 140 bis 200 km. Wegen seiner hohen chemischen Reinheit - maximal werden etwa 0.2 Gew.-% des Kohlenstoffs durch andere Elemente ersetzt - kann Diamant selbst nur sehr begrenzte Informationen über seine Ursprungsregion im Erdmantel liefern. Rückschlüsse auf die Wachstumsbedingungen von Diamanten und ihre chemische Umgebung können aber aus syngenetischen Mineraleinschlüssen gewonnen werden. Sie sind in Diamanten, als chemisch inerten Behältern, vor nachträglicher Alteration geschützt. Bereits die ersten, vor etwa 30 Jahren begonnenen Untersuchungen an Einschlüssen in Diamanten durch H.O.A. Meyer und N.V. Sobolev ergaben, dass eine mineralogische Aufteilung in eine eklogitische und eine peridotitische Einschlußsuite möglich ist, entsprechend den beiden Hauptgesteinen des Oberen Erdmantels. Die peridotitische Suite lässt sich weiter in eine lherzolithische (klinopyroxenführende) und eine harzburgitische (klinopyroxenfreie) Paragenese unterteilen. Nachfolgende geothermobarometrische Untersuchungen ergaben, dass beide Einschlußsuiten (eklogitisch und peridotitisch) aus dem subkontinentalen lithosphärischen Oberen Erdmantel stammen. Geeignete Mineralparagenesen erlauben für peridotitische Einschlüsse die Bestimmung paläo-geothermischer Gradienten, die in der Regel einem Oberflächenwärmefluß von 40-42 mW/m2 entsprechen und damit typische Schildgeothermen darstellen.

Zusätzlich zu diesen lithosphärischen Diamanten wurden inzwischen, von Gruppen aus Kapstadt und Edinburgh und uns selbst, Einschlüsse gefunden, die aus der Übergangszone und sogar aus dem Unteren Erdmantel stammen müssen. Aus Experimenten ist bekannt, dass Si in Granat ab einem Druck von ca. 8 GPa (240 km) neben der Tetraederposition auch die, normalerweise größeren dreiwertigen Ionen wie Al oder Cr vorbehaltene, Oktaederposition besetzt, ein Vorgang, der einer Löslichkeit von Pyroxen in der Granatstruktur (majoritische Granate) entspricht. Die höchsten beobachteten Majoritgehalte in Diamanteinschlüssen können nur durch eine Bildung innerhalb der Übergangszone (410-660 km) erklärt werden. Eine Bildung von Diamanten im Unteren Erdmantel wird durch Einschlüsse von Ferroperiklas zusammen mit Stishovit und Magensium- und Kalziumsilikatperovskiten belegt, wie sie in Diamanten aus der brasilianischen Mine Sao Luiz sowie aus dem Kankan Gebiet in Guinea, West Afrika, vorliegen. Für Guinea konnten wir dabei durch die Beobachtung retrograder Phasenumwandlungen primärer Kalziumsilikatperovskite dokumentieren, dass die Exhumierung der Diamanten aus dem Unteren Erdmantel bis in Tiefen von etwa 300-250 km (Lithosphärenbasis) recht langsam stattfindet, von wo aus dann einer rasche vulkanische Förderung erfolgt.

Einschlüsse weisen in der Regel eine kubo-oktaedrische Symmetrie auf, die durch die sehr hohe Formenergie des umgebenden Diamanten erzwungen wird. Daraus lässt sich auf eine gleichzeitige Bildung von Einschluss und Diamant schließen. Somit können radiogene Isotope in Einschlüssen zur Datierung von Diamanten verwendet werden. Probleme ergeben sich nur wegen der äußerst geringen Probenmengen. Sm-Nd und Ar-Ar Datierungen an Diamanteinschlüssen ergaben archaische Modellalter für harzburgitische Diamanten, zeigten jedoch jüngere Alter für lherzolithische (um 2 Ga) und noch geringere Alter für eklogitische Einschlußparagenesen (1.7-1.0 Ga). Da die jeweiligen Kimberlitschlote, aus denen diese Diamanten stammen, in der Regel wesentlich jünger sind, werden diese Datierungen als Beweis dafür aufgefasst, dass Diamanten in keiner genetischen Beziehung zum transportierenden Kimberlitmagma stehen. Die, bezogen auf das Eruptionsalter, hohen Modellalter von Diamanteinschlüssen könnten aber auch dahingehend interpretiert werden, dass sie das Alter einer chemisch langfristig isolierten Diamantquellregion und nicht das Alter der Diamantbildung widerspiegeln. Lange Mantelresidenzzeiten (> 1 Ga) werden aber auch durch den generell hohen Aggregationszustand von im Diamantgitter als Spurenelement eingebautem Stickstoff angezeigt.

Nach einem vor allem von F.R. Boyd und J.J. Gurney entwickelten Modell soll die Bildung peridotitischer Diamanten im Zuge metamorpher oder metasomatischer Ereignisse im Subsolidusbereich in einem Mantelbereich stattfinden, der durch die Extraktion von Komatiiten im Archaikum chemisch verarmt wurde. Die Anordnung von Wachstumsflächen und die polyedrische Gestalt natürlicher Diamanten sowie die Ausbildung glatter Oberflächen verweisen allerdings auf Wachstum in einen freien Raum (Schmelze) hinein. Untersuchungen zur Kohlenstoffisotopie (d13C) von Diamanten zeigen, dass die peridotitische Suite eine angenäherte Normalverteilung um den Erdmantelwert von -5- (relativ zum PD-Belemniten Standard) bildet, was im Einklang mit einer primordialen Herkunft des Kohlenstoffs aus dem Erdmantel steht. Die Kohlenstoffisotopie eklogitischer Diamanten zeigt ebenfalls eine Maximum nahe -5-, die Verteilung ist allerdings deutlich zu isotopisch leichteren Werten hin geneigt (-34 bis +3‰). Daraus wurde von einer Reihe Autoren auf einen Einfluss organischen Kohlenstoffs (-35 bis -20‰) geschlossen, der sich aus der sedimentären Auflage subduzierter ozeanischer Kruste ableiten soll. Eklogitische Diamanten würden somit metamorph während der Subduktion ozeanischer Lithosphäre gebildet. Untersuchungen der Sauerstoffisotopie (d18O) diamantführender Eklogitxenolithe, wie sie von D. Jacob durchgeführt wurden, stützen eine solche Subduktionshypothese, wobei die Beobachtung stark positiver d18O-Werte nur durch die Seewasseralteration Ozeanischer Kruste erklärt werden kann. Multiple isotopische Fraktionierung primordialen Kohlenstoffs könnte die beobachteten d13C-Werte eklogitischer Diamanten allerdings ebenfalls erklären. Zudem konnte P. Cartigny gerade zeigen, dass die Stickstoffisotopie eklogitischer Diamanten keinerlei Hinweise auf den Einfluss einer subduzierten Komponente enthält. In jedem Fall belegen unsere geothermometrischen Daten, dass die Bildung eklogitischer Einschlussparagenesen bei Temperaturen um 1150 °C stattfinden, also bei den gleichen Temperaturen die wir für peridotitische Diamanten finden, womit eine Bildung eklogitischer Diamanten in einer kalten abtauchenden ozeanischen Platte auszuschließen ist.

Auf der Basis unserer Spurenelementuntersuchungen (hauptsächlich SEE) und in Anbetracht der hohen Cr/Al Verhältnisse in der peridotitischen Diamantquellregion haben wir ein neues, integriertes Modell für die Genese beider Diamantsuiten entwickelt. Die Reservoirs für peridotitische und eklogitische Diamanten entstanden demnach gemeinsam an mittelozeanischen Rücken, vermutlich bereits im späten Archaikum. Während das peridotitische Reservoir der durch Schmelzextraktion verarmten ozeanischen Lithosphäre entspricht, liegt das Ausgangsgestein der diamantführenden Eklogite in der ozeanischen Kruste selbst. Die SEE-Gehalte der eklogitischen Einschlüsse belegen allerdings, dass diese ozeanische Kruste nach der Umwandlung in Eklogit etwa 20-30% Schmelze verliert, was mit der Beobachtung in Einklang steht, dass Coesit in diamantführenden Eklogiten nur akzessorisch auftritt. Die durch hohe Grade der partiellen Schmelzbildung stark verarmte archaische ozeanische Lithosphäre kann sich aufgrund ihrer relativ geringen Dichte dauerhaft an der Basis kratonischer Lithosphäre anheften. In diesem verschuppten Bereich ehemaliger ozeanischer Lithosphäre und eklogitischer Kruste findet dann Diamantbildung im Zuge wiederholter metasomatischer Anreicherungsprozesse statt, die zum Teil auf silikatisch-karbonatititische Schmelzen, zum Teil auf CH4-H2O reiche Fluide zurückgehen. Die Bildung peridotitischer und eklogitischer Diamanten findet so unter gleichen PT-Bedingungen aber in chemisch sehr unterschiedlichen Reservoiren statt.

Unmittelbare Ziele weiterer Untersuchungen an Einschlüssen in Diamanten sind zum einen ein detaillierteres Verständnis der metasomatischen Anreicherungsprozesse innerhalb der peridotitischen und eklogitischen lithosphärischen Reservoire sowie eine geochemische und mineralogische Charakterisierung der diamantführenden Bereiche der Übergangszone und des Unteren Erdmantels.

 

Joswig W, Stachel T, Harris JW, Baur WH, Brey GP (1999): New Ca-silicate inclusions in diamonds - tracers from the lower mantle. Earth Planet Sci Lett, 173, 1-6.

Meyer HOA (1987): Inclusions in diamond. In: Nixon PH (ed.) Mantle xenoliths. J. Wiley & Sons, Cichester, pp 501-522.

Stachel T, Viljoen KS, Brey GP, Harris JW (1998): Metasomatic processes in lherzolitic and harzburgitic domains of diamondiferous lithospheric mantle: REE in garnets from xenoliths and inclusions in diamonds. Earth Planet Sci Lett. 159, 1-12.

Thomas Stachel, Frankfurt

(Privatdozent Dr. Th. Stachel ist Victor-Moritz-Goldschmidt-Preisträger der DMG 1999; vgl. S.10; Anm. d. Red.)