"Processes and Consequences of Deep Subduction" -
eine Alfred-Wegener-Konferenz

Verbania/Italien, 5. - 11. September 1999

Über 70 Geowissenschaftler diskutierten in Verbania am Lago Maggiore in Norditalien im Rahmen einer Alfred-Wegener-Konferenz über das Thema Processes and Consequences of Deep Subduction. Diese interdisziplinäre Tagung wurde vom Bayerischen Geoinstitut, Bayreuth, organisiert und von der Alfred-Wegener-Stiftung auf Vorschlag der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft (DMG) und der Geologischen Vereinigung (GV) gefördert. Die aus acht Nationen stammenden Experten arbeiten in einem breit gefächerten Spektrum der Geowissenschaften mit den Gebieten Seismologie, Geodynamik, Petrologie, Geochemie, Felsmechanik, Mineralogie, und zwar mit experimentellen, analytischen und modellierenden Ansätzen.

Die Subduktion ozeanischer Lithosphäre in den tiefen Erdmantel wird durch vielfältige geophysikalische und geochemische Prozesse beeinflußt. An Subduktionszonen sind weltweit die meisten Erdbeben gebunden. Diese treten sowohl oberflächennah, aber auch in Tiefen bis zu 700 km auf. Gerade die tiefen Erdbeben üben schon seit Jahrzehnten besonders auf Geophysiker eine große Faszination aus, und die auslösenden Faktoren und Mechanismen für tiefe Erdbeben werden immer noch kontrovers diskutiert. Wichtig für die Prozesse in Subduktionszonen sind auch die Vorgänge im Zusammenhang mit Fluiden und wasserhaltigen Mineralen, die letztendlich die Teilaufschmelzung und den subduktionsabhängigen Vulkanismus sowie das geochemische Recycling von Elementen im Erdkörper steuern.

Die Vorträge von 16 eingeladenen Sprechern und 40 Posterbeiträge haben einige Antworten auf die Kernfragen zur Entschlüsselung der Prozesse im Erdmantel geben können. Das Phänomen der tiefen Erdbeben, die in Tiefen bis 600 km auftreten, hat im Verlauf der Konferenz dagegen eher neue Fragen aufgeworfen, nachdem Vorstellungen in die Kritik geraten sind, die die subduzierte ozeanische Platte als einen metastabilen, olivinführenden "Keil" ansehen, in dem tiefenverzögert eine Umwandlung des Hauptminerals Olivin in seine dichtere Hochdruckmodifikation abläuft. Deutlich konnten Seismologen mit Hilfe verfeinerter seismischer Tomographie nachweisen, daß abtauchende Platten in den Subduktionszonen sogar die Kern-Mantel-Grenze erreichen. Diese Erkenntnis macht auch deutlich, daß Konvektionswalzen zwar in verschiedenen Stockwerken übereinander ablaufen können, daß Recycling von subduzierten Platten jedoch über die gesamte Erdmanteltiefe stattfindet.

Die Prozesse, die den subduktionsbegleitenden Magmatismus fördern, bildeten einen weiteren Schwerpunkt der Tagung. Auffällig ist hier, daß das Fördermaterial aus recht geringen Tiefen um 100 km des oberen Erdmantels stammt. Die in den Subduktionszonen abtauchenden Platten injizieren relativ große Mengen an Wasser, Kohlendioxid und andere Materie, die als Flußmittel die Aufschmelzung der hangenden Platte fördern.

Auf zwei Exkursionen in die Sesia-Zone am Monte Mucrone und in die Ivrea-Zone im Valle Cannobina und im Valle d’Ossola gelang der Blick in eine tief subduzierte, deformierte und später exhumierte Platte. Hier ist möglicherweise auch eine Paläo-Moho aufgeschlossen.

Als Konferenzort war das auf den grünen Hügeln oberhalb von Verbania-Pallanza gelegene Hotel Castagnola mit dem angeschlossenen "Collegio Santa Maria" ausgewählt (mit Blick auf den Lago Maggiore und die Borromäischen Inseln). Das mit dem Hotel verbundene Kollegium bot für die Vortrags- und Posterveranstaltungen ausgezeichnete Konferenzräume mit ehrwürdigem italienischen Schul- und Universitätsambiente. Die Teilnehmer nutzten die Poster-Veranstaltungen, die Programmpausen, die Mahlzeiten sowie Treffen außerhalb des Tagungsprogramms zu regen Diskussionen in kleineren Gruppen.

Eine Zusammenfassung der Vortrags- und Posterbeiträge findet sich in Terra Nostra 7/99. Weitere Berichte über die Konferenz sind in Science 286, 29. Oct. 1999, 909-910 und in Spektrum der Wissenschaft, Januar 2000, erscheinen. Es ist geplant, Beiträge der Hauptredner und andere ausgewählte Beiträge in einem Sonderband von Physics of the Earth and Planetary Interiors zu veröffentlichen (ca. Ende 2000). Weitere Auskünfte erteilt das Bayerische Geoinstitut, Universität Bayreuth, 95440 Bayreuth (stefan.keyssner@uni-bayreuth.de).

David Rubie
Bayerisches Geoinstitut, Bayreuth