Prof Dr. Walter Eysel

3. 1. 1935 – 23. 10. 1999

Am 23. Oktober 1999 verstarb Walter Eysel in Heidelberg nach langer, schwerer Krankheit, deren Natur er kannte und die er mit großer Festigkeit ertrug. Wenige Monate später, Anfang 2000, wäre er in den Ruhestand getreten.

Walter Eysels spezielle Fähigkeit und Fertigkeit war die Kombination von Kristallchemie und Röntgenpulverbeugung, wobei Minerale, vor allem aber synthetische, mineralähnliche, häufig technisch interessante Stoffe im Vordergrund standen. Er hatte ein seltenes Gespür für Strukturbeziehungen zwischen oxidischen Phasen, deren Bauzusammenhänge, Mischkristallbildung und Polymorphie, auch in komplexen Fällen, er mit Intuition und Akribie aus Pulverdiagrammen, thermischen Analysen, optischen Daten und Mehrstoffsystemen eruierte. Von diesem Gesichtspunkt her kann sein Hauptinteressengebiet "Vergleichende Kristallchemie" genannt werden.

Walter Eysel wurde am 3.1.1935 in Langenselbold bei Hanau in Hessen geboren. Er studierte in Frankfurt am Main von 1955 – 1962 Mineralogie, wobei er sich zunächst und auch in seiner Diplomarbeit der Geochemie zuwandte. Zur Promotion trat er dann in die Arbeitsgruppe von Theo Hahn ein und ging mit diesem 1963 als Assistent an die RWTH Aachen, wo er intensiv am Aufbau des neu gegründeten Instituts für Kristallographie mitarbeitete. Die wissenschaftliche Tätigkeit dort war seinen Interessen auf den Leib geschrieben: Vergleich von Ca-Silikaten und Ca-Germanaten sowie deren Mischkristallbildung und Polymorphie in den technisch bedeutsamen Zementklinkerphasen "C3S" (Ca3SiO5) und "C2S" (Ca2SiO4). Dies bildete auch den Inhalt seiner Aachener Dissertation 1968: "Kristallchemie, Polymorphie und Mischkristallbildung von Silikaten und Germanaten der Verbindungstypen A2BO4 und A3BO5". Diese Untersuchungen wurden anschließend von dem Triumvirat Eysel, Woermann, Hahn, z.T. gemeinsam mit
A. Guinier in Paris, auf den Einbau verschiedener Elemente (Mg, Al, Fe, Zn, Alkalimetalle) in die technische "Alitphase" des Klinkers ausgedehnt.

Zur Habilitation 1971, ebenfalls an der RWTH Aachen, mit dem Titel "Strukturelle und kristallchemische Verwandtschaft bei Verbindungen A2(BX4) und A2(BX3)" verbreiterte Walter Eysel seine Basis und schloss Sulfate, Karbonate, Chromate etc. in die Untersuchungen ein. Die Strukturen der zahlreichen Verbindungen und Phasen leitete er aus einer "Basic structure" ab, welche große Ähnlichkeit mit dem NiAs-Typ aufweist.

Nach der Habilitation verbrachte Walter Eysel das Jahr 1972 mit einem Stipendium am "Materials Research Laboratory" der Pennsylvania State University in State College, PA, USA. Hier wurde er vor allem durch Della und Rustom Roy beeinflusst und knüpfte die Kontakte zum International Center for Diffraction Data (ICDD) in Philadelphia, mit deren Powder Diffraction File er viele Jahre assoziiert war. 1974 wurde er zum außerplanmäßigen Professor in Aachen ernannt, und 1975 wurde ihm der V. M. Goldschmidt-Preis der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft (DMG) verliehen. 1978 folgte er einem Ruf auf eine C3-Professur für Kristallographie und Mineralogie an der Universität Heidelberg.

Dort entfaltete Walter Eysel rasch eine außerordentlich aktive Arbeitsgruppe. Sein engagierter Einsatz und sein freundliches Wesen schufen eine beeindruckende Arbeitsatmosphäre, in der durch mehr als 70 akademische Arbeiten sowohl die Kristallchemie zahlreicher Systeme als auch die Methodik röntgenographischer Pulververfahren befördert wurden. Besonders die Entwicklung der Rietveldmethode hat er sehr aktiv betrieben. Als ein Nebenprodukt wurden in seiner Zeit rund 400 Datensätze für das ICCD erabeitet, dem er über viele Jahre auch aktiv diente. Er war dort zeitweise Mitglied des Vorstandes und wurde 1999 zum "Distinguished Fellow of the ICCD" gewählt. Seine kristallchemischen Arbeiten zielten hauptsächlich auf die Ausweitung von Strukturfamilien und deren Generalisierung bezüglich der Mischkristallbildung und den begleitenden Phasentransformationen. In zahlreichen Systemen hat er Germanate als Modelle für Silikate untersucht und sein Wunsch, im Ruhestand eine längst fällige Monographie über Germanate zu schreiben, hat sich leider nicht mehr erfüllen können.

Walter Eysel hatte vielfältige Interessen, wozu auch seine Liebe zu den Fischen gehörte. Maulbrütende Buntbarsche hatten es ihm besonders angetan, er züchtete sie nicht nur, sondern unternahm auch mehrere Expeditionen an den Tanganyika-See, um sie vor Ort zu studieren. Seine Studien dieser Art fanden Anklang in der Fachliteratur.

Walter Eysel war ein liebenswürdiger, diskussionsfreudiger Kollege, der eine große Zahl von Schülern mit Engagement und Enthusiasmus angeleitet hat. Durch seine wissenschaftliche Arbeit, die durch mehr als 100 Publikationen dokumentiert ist, hat er die "Nahtstelle" zwischen Kristallographie und Mineralogie außerordentlich befruchtet und sich als Brückenbauer zwischen beiden Disziplinen große Verdienste erworben.

Theo Hahn, Aachen

Horst Pentinghaus, Karlsruhe