Leserbrief zum Artikel "Angewandte Mineralogie in Technik und Umwelt
auf der MinWien 99", DMG-Mitteilungen Nr. 78, S. 33

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Angewandte Mineralogie und damit auch die vielfältigen Berührungspunkte zur Umwelt sind m.E. ein wesentlicher Ansatzpunkt, um die Mineralogie in das öffentliche Bewußtsein zu tragen. Insofern sind die jüngsten Aktivitäten der DMG und insbesondere der KTM sehr zu begrüßen.

Den in den DMG-Mitteilungen Nr. 78, S. 33 vorgestellten Definitionen der "Umweltmineralogie" und der "Umweltminerale" stehe ich jedoch etwas skeptisch gegenüber. Die "Umweltmineralogie" wird zunächst in den Status einer Lehre erhoben, zwängt den Menschen dann in die Abhängigkeit, um ich anschließend auf Stoffkreisläufe zu beschränken. Statt auf "Risiken und Nebenwirkungen" wird abschließend auf Wechselwirkungen verwiesen.

Ohne genau zu wissen was denn auf der MinWien 99 alles unter dem Begriff "Umweltmineralogie" abgehandelt wurde, könnte ich mir folgende Definition vorstellen: "Umweltmineralogie ist ein Zweig der Mineralogie, der sich mit dem antropogenen Einfluß auf die Entstehung, die Entwicklung und das Verhalten mineralischer Stoffe sowie deren Rückwirkung auf den menschlichen Lebensraum befaßt".

Der Wortkreation "Umweltminerale" kann ich leider nur den gleichen Stellenwert geben wie dem Wort "Bio-Socken", das mir letztens im Supermarkt begegnete.

1) Jedes Mineral meiner Umwelt ist ein Umwelt-Mineral; also kann ich es auch bei dem Wort Mineral belassen.
2) Quarz beispielsweise ist als Zuschlag in Form von Sand im Beton sehr nützlich und hilft insofern meine Umwelt zu gestalten. Unser Straßenkehricht besteht zu einem großen Teil aus Sand/Quarz und hilft unsere Umwelt zu verunstalten. Ettringit ist als Speichermineral für Schwermetalle sehr interessant. Als mineralische Neubildung im erhärteten Beton ist es wohl eher schädlich.

Fazit: Es kommt anscheinend darauf an, wo ich ein Mineral antreffe oder was ich damit mache. Das Adelsprädikat "Umweltmineral" ist meines Erachtens eine publikumswirksame aber leere Worthülle. Am besten vergessen!

Mit freundlichen Grüßen

Peter Drissen
Email: p.drissen@fehs.de