Diskussionsanregungen für zukünftige Treffen der Sektion Geochemie

Die vierte Geochemikertagung unter Schirmherrschaft der Sektion Geochemie der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft fand im Mai 2000 in Potsdam statt (vgl. DMG-FORUM Nr. 79, Juli 2000, S. 67/68).

Diese Tagung hat besonders viele junge Wissenschaftler (Diplomanden, Doktoranden und Postdoktoranden) und auch etliche bereits etabliertere Kollegen zusammengebracht.

Leider jedoch haben die Geochemikertagungen unter den jüngeren Wissenschaftlern teilweise keinen sehr guten Ruf. Sie werden oft als "Übungstagungen für Diplomanden" mit niedrigem wissenschaftlichen Niveau abgetan. Unser Eindruck ist, daß dies zudem auch die Meinung einiger älterer Wissenschaftler widerspiegelt.

Diese teilweise eher abwertende Sicht der Geochemikertagung steht aber im Widerspruch zu der Tatsache, daß eine Reihe von Beiträgen der Potsdamer Tagung mittlerweile in namhaften internationalen Zeitschriften veröffentlicht sind, so zum Beispiel in dem Wissenschaftsmagazin Science. Von einem generell niedrigen wissenschaftlichen Niveau der Tagungsbeiträge kann also kaum ausgegangen werden.

Mit diesem offenen Brief möchten wir Anstöße zu Veränderungen der Geochemikertagung geben, die aus unserer Sicht das Image dieser Tagung verbessern könnten.

Folgende Veränderung halten wir für sinnvoll:

1. Nachwuchswissenschaftler als "Chairpersons"

Gerade die Geochemikertagung, auf der zu einem Großteil junge Wissenschaftler vortragen, bietet sich an, auch einmal den jüngeren Kollegen diese Verantwortung zu übertragen. Dies wurde zum Beispiel von Seiten der Organisation der Geochemiker-tagung 1999 in Göttingen und des Experimentellen Petrologen Treffens Anfang Juli 2000 in Frankfurt/Main konsequent durchgeführt. Wir sind überzeugt, daß Post-doktoranden oder Doktoranden, die sich schon dem Ende ihrer Dissertation nähern, durchaus die nötige Kompetenz besitzen durch eine Teilsitzung zu führen, die Diskussion im direkten Anschluß an die Vorträge anzuregen und zu moderieren. Wir schlagen daher vor, verstärkt Nachwuchswissenschaftler als "Chairpersons" einzusetzen.

2. Mehr Raum für Diskussion

Leider entstand bei der letzten Tagung oft der Verdacht, daß die Einhaltung des zeitlichen Rahmens die oberste Maxime eines Treffens sei. Dies führt aber dazu, daß Diskussionen letztendlich meist nur von älteren Wissenschaftlern und erfahre-neren Nachwuchswissenschaftlern bestritten werden. Jüngere Wissenschaftler, insbesondere Diplomanden, brauchen oftmals mehr Zeit, um die Hürde des Frage-stellens zu überwinden.

Natürlich ist es schwierig bei relativ hohen Teilnehmerzahlen und einem so breitgefächerten Gebiet wie der Geochemie Raum für ausführliche Diskussion zu bieten. Andererseits ist es aber auch gerade diese breite Fächerung, die die Diskussion stimulieren kann und sollte. Das Klischee einer "Übungstagung" könnte am besten durch eine bewußte und in der Tagungsvorankündigung bereits betonte "Workshop"-artige Gestaltung vermieden werden.

Vielleicht könnte man durch ausgesuchte Übersichtsvorträge ("keynote-lectures") vor den einzelnen Beiträgen eine gemeinsame Basis schaffen. Wohldefinierte geochemische Problemstellungen könnten auch in Kleingruppen während der Tagung diskutiert werden und die Ergebnisse könnten Grundlagen für Plenardiskussionen liefern.

Zumindest wäre es gut, wenn die Möglichkeit bestünde, aus Zeitgründen abge-brochene Diskussionen in einer im Tagungsverlaufsplan schon eingeplanten freien Diskussionszeit weiter zu verfolgen.

3. Auszeichnungen müssen den wissenschaftlichen Inhalt der Beiträge berück-sichtigen

Auf der diesjährigen Geochemikertagung wurde bewußt dem Poster mit dem besten didaktischen Erscheinungsbild anstelle dem wissenschaftlich besten Poster ein Preis verliehen.

Dies ist nach unserem Empfinden nicht das richtige Signal und die beste Nahrung für das Klischee einer "Übungstagung".

An einigen geowissenschaftlichen/mineralogischen Instituten werden spezielle Kurse abgehalten, die sich mit Posteranfertigung sowie Vortragsaufbau und –gestaltung für Fachtagungen befassen. Diese Kurse geben genügend Raum zum Üben und werden sich sicher in Zukunft auch weiter etablieren, so daß die Auszeichnung eines Tagungsposters aufgrund des didaktischen Erscheinungsbildes anstelle des wissenschaftlichen Inhalts nicht als sehr sinnvoll erscheint.

Wir hoffen, daß diese Anregungen aus der Sicht des wissenschaftlichen Nachwuchses als rein konstruktive Kritik verstanden wird, und wünschen uns, daß die Geochemikertagung weiterhin – vielleicht sogar in verbessertem Maße – von Jung und Alt als eine Chance für einen möglichst informellen Gedankenaustausch genutzt und gesehen wird.

Dankenswerterweise erklärte sich Herr Satir bereit, die fünfte Geochemikertagung im Jahr 2001 in Tübingen auszurichten. Wir sehen einem regen Gedankenaustausch erwartungsvoll entgegen.

Dorrit Jacob, Greifswald
Astrid Holzheid, Münster
Carsten Münker, Münster