Workshop-Konferenz "Kristallzucht - Meßstrategien - Kristallkonstruktion und Polymorphie"
9. - 12.9.2001, Essen


Der Zyklus der (Zwei-)Jahrestagungen unseres Arbeitskreises "Chemische Kristallographie" wurde diesmal mit einerWorkshop-Konferenz vom 9. - 12.9.2001 an der Universität Essen fortgesetzt - wie immer unter der geschätzten Mitwirkung des AK "Molekülverbindungen" der DGK.
Das Team um und mit Prof. Boese hatte unter dem Titel "Kristallzucht - Meßstrategien - Kristallkonstruktion und Polymorphie" zu einem ebenso interessanten wie anspruchsvollen Programm eingeladen. Zur Nachhaltigkeit bei den gut 60 Teilnehmern aus Hochschule und Industrie trug dabei auch der sehr schön gemachte Tagungsband bei.
Den Auftakt bildeten am Montagvormittag N. Nagel (Aventis, Frankfurt) mit Einführung in und Beispielen von Polymorphie pharmazeutischer Wirkstoffe sowie J.-O. Henck (Bayer, Leverkusen) zur gezielten Herstellung polymorpher Modifikationen durch Berücksichtigung thermodynamischer Eigenschaften. C. Lehmann (Mülheim) berichtete dann über Entwicklung und Anwendung eines Diffraktometer-Screeningverfahrens auf der Suche nach Polymorphen und H. Kutzke (Bonn) beendete den Vormittag mit Beispielen für metastabile organische Phasen aus stark unterkühlten Schmelzen - Vergessene Polymorphe.
Nach dem traditionellen Programmpunkt Mitgliederversammlung (ebenso traditionell nur leicht besucht) wurde der Nachmittag mit G. R. Desiraju (Hyderabad) und Crystal Engeneering: from molecules to crystals fortgesetzt. Zum Abschluss des wissenschaftlichen Tages wurden dann Fragen zu Meßstrategien auf KappaCCD- (M. Adam, Bruker-Nonius) und SMART-Diffraktometern (L. Häming, Bruker-Nonius) schuß- und treffsicher beantwortet.
Der Dienstag begann wieder polymorph: M. Schmidt (Clariant, Frankfurt) referierte aus der Praxis zu Polymorphie und Crystal Engeneering und M. Antipin (Moskau) über das gleiche Thema in Bezug auf organic non-linear optical compounds. C. Näther (Kiel) untersuchte dann strukturelle und thermodynamische Aspekte der Polymorphie, bevor M. Kirchner (Essen) anschließend das Auditorium den reziproken Raum mit der Kombination von Kristallzucht und Diffraktometrie wiederentdecken ließ.
Parallel zur Mittagspause nahmen zahlreiche Teilnehmer das Angebot zu Gruppenführungen mit Demonstrationen (in-situ-Kristallzucht) in den Labors der Arbeitsgruppe Boese mit großem Interesse an.
Die nachmittäglichen Themen reichten von Methoden der Kristallisation von Molekülkristallen (J. Hulliger, Bern) über Kristallogenese biologischer Makromoleküle am Beispiel des Insulins (R. Hilgenfeld, Jena) bis zur kontrollierten Kristallisation in einem heat-flow Kalorimeter (R. Hilfiker, Solvias AG, Basel).
Am letzen Tag kamen dann noch einmal die Meßstrategen auf ihre Kosten. F. Hahn (STOE, Darmstadt), M. Lutz (Utrecht) und M. Bolte (Frankfurt) stellten jeweils ihre aus der Praxis gewonnenen Erfahrungen für effektive Datensammlung an IPDS II (H.), KappaCCD- (L.) und SMART-CCD-Diffraktometern (B.) vor.
Die an allen Tagen großzügig bemessenen Pausen wurden zu angeregten Diskussionen und Begutachtung der zahlreichen Poster gerne und intensiv genutzt.
Neben der einsatzfreudigen und reibungslosen Organisation der Tagung hatte das Boese-Team auch das Rahmenprogramm zur abendlichen "Verdauung" der arbeitsamen Tage vortrefflich ausgerichtet: den Ausflug in die "Herzegowina", den Besuch bei "Graf Beust" und letztlich eine Exkursion zur "Dampfbierbrauerei".
Den Organisatoren und allen Teilnehmern ein herzliches "Dankeschön", daß sie mit ihrem Engagement Essen zu einer rundum gelungenen Veranstaltung haben werden lassen. Für großzügige finanzielle Unterstützung der Tagung gilt der Dank ebenso Bruker-Nonius, STOE & Cie und der DGK.
Abstracts zu allen Vorträgen und Postern sind auf der ChemKrist home page unter www.uni-kiel.de/AnorgChemie/ChemKrist.htm nachzulesen. Wer auf den Geschmack gekommen ist, sei schon jetzt herzlich zu unserer nächsten Tagung im September 2003 in Leipzig unter der Organisation von Herrn Prof. Sieler eingeladen.


Ulrich Flörke, Paderborn
uf@chemie.uni-paderborn.de

Bericht vom 5. Diskussions- und Arbeitskreistreffen des Arbeitskreises NMR Spektroskopie am 28. September 2001 in Hannover
Zum 5. Diskussions- und Arbeitskreistreffen trafen sich die Teilnehmer des Arbeitskreises NMR-Spektroskopie diesmal am Institut für Mineralogie der Universität Hannover. Dank der guten Beschilderung fanden die Teilnehmer aus Bochum, Kiel, Essen und Hannover den Seminarraum C109 im ehemaligen Welfenschloss schnell. Verhindert waren leider Dr. Simone Elsanowski aus Berlin und Gisela Lentz vom Geowissenschaftlichen Institut der Universität Kiel Letztere mußte wegen eines grippalen Infektes das Bett hüten und konnte somit auch Ihren Beitrag zum Thema "Die Struktur von Kaliumhydrogensulfat bei 300 und 468 K" nicht vorstellen.
Nach einer kurzen Begrüßung stellte Arbeitskreissprecher Dr. Michael Fechtelkord den Vortragenden Dr. Torsten Schaller vom Institut für Organische Chemie der Universität Essen vor. Im Hauptvortrag des Tages erzählte Herr Schaller über einige abgeschlossene Arbeiten, die das ganz besondere Interesse der Petrologen des Instituts weckten. Die Thematik "NMR-Experimente an wasserhaltigen Silikat- und Alumosilikatgläsern: Ein Überblick" konnte allen Teilnehmern in einem gut dargebotenen Vortrag neue Informationen und Anregungen mit auf den Weg geben.
Während einige Teilnehmer die anschließende Mittagspause nutzten, um sich in der Mensa zu stärken, hatten andere Teilnehmer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht sich unter einander auszutauschen und noch offene Punkte zu diskutieren.
Nach der Mittagspause fand die Arbeitskreissitzung und Nutzergruppen-Besprechung statt. Michael Fechtelkord berichtete über die Tätigkeiten des Arbeitskreises im Jahre 2001 und wies eindringlich daraufhin, daß der Arbeitskreis noch dringend Beiträge für die DGK-Tagung 2002 in Kiel benötigte, um ein eigenes Mikrosymposium "NMR-Spektroskopie" organisieren zu können. Danach berichtete Markus Borowski über den Funktionsstand des Gerätes. Erfreulicherweise gab es keine nennenswerten Ausfälle zu berichten. Aus Sicherheitsgründen wird es einen Datentransfer per FTP vom NMR Spektrometer zu auswärtigen Nutzern nicht mehr geben, da der Rechner bereits einmal von außen erfolgreich geknackt und als Datenverschiebestation mißbraucht wurde. Da Markus Borowski nach erfolgter Promotion die Ruhr-Uni Bochum zum November verlassen wird und noch kein neuer Spektrometerbetreuer in Sicht ist, wird in der Übergangszeit die chem.-techn. Assistentin Sandra Grabowski die Betreuung des NMR-Gerätes gewährleisten. In Ausnahmefällen ist es auch möglich, sich bei Problemen an Michael Fechtelkord zu wenden. Gedanken wurde sich auch über die Zukunft des Arbeitskreises und der DFG-Projektgruppe in Anbetracht der sinkenden Studentenzahlen gemacht. Wie sich herausstellte, ist die Situation in anderen naturwissenschaftlichen Bereichen genauso schwierig. Um das Studium einer Naturwissenschaft wieder attraktiver zu machen, wurde angeregt bereits in der Oberstufe Unterrichtsfächer wie Mineralogie oder Geologie anzubieten bzw. Fächer wie Chemie und Physik zu intensivieren. Eine Patentlösung hatte leider auch keiner der Anwesenden. Im Anschluß wurde die Meßzeit für das Jahr 2001/2002 vergeben. Zum Ende der Besprechung wurde noch über zukünftige Workshopthemen diskutiert. Übereinstimmend wurde festgestellt, daß wieder verstärkt Grundlagenkurse angeboten werden sollen.
Zum fortgeschrittenen Nachmittag stellten einige Teilnehmer im Rahmen von Kurzvorträgen ihre derzeitigen bzw. abgeschlossenen Arbeiten vor. Den Anfang dabei machte Astrid Engelhardt, die über die NMR-spektroskopische Charakterisierung der Bewegungsprozesse im Letovicit (NH4)3H(SO4)2 berichtete. Ein Schwerpunkt Ihres Vortrages war die Darstellung der Ergebnisse aus den statischen 1H Messungen. Anschließend sprach Henning Voigtländer über 1H MAS NMR Spektroskopie an Calciumsulfathemimethanolat. Ein wesentliches Problem bei der Durchführung seiner Messungen stellt vor allem die Kurzlebigkeit der Kristalle dar. Erste Versuche zur in-situ NMR-Beobachtung bei der Kristallisation von Zeolithen wurden von Markus Borowski in einem kurzen Abriß vorgestellt. Zum Abschluß sprach Michael Fechtelkord über eine Arbeit, die er in Vancouver (Kanada) zusammen mit Prof. Dr. Colin A. Fyfe und Prof. Lee A. Groat von der University of British Columbia durchgeführt hat. Dabei hat er vor allem den Einfluß von Fluorgehalten bei Al-reichen synthetischen Phlogopiten untersucht und aus 29Si, 1H und 19F MAS NMR Spektren neue Erkenntnisse und Informationen zur Struktur und Phasenzusammensetzung gewonnen.
Die vorbildlich organisierte Tagung fand auch diesmal wieder in freundlicher Atmosphäre statt. Durch die interessanten Beiträge und die anschließenden Diskussionen der Teilnehmer untereinander und zusammen mit dem Gast, Herrn Dr. Torsten Schaller konnten die Teilnehmer zum Teil Anregungen und neue Erkenntnisse für die eigenen Projekte mit nach Hause nehmen. Für mich war es auf jeden Fall ein informativer und kurzweiliger Tag.
Oliver Bartelt, Hannover

 

Bericht zum 9. Workshop des AK NMR Spektroskopie
"Magic Angle Spinning (MAS): Ein reines Routineverfahren?"
01. - 02. Oktober 2001, Bochum
Zum Workshop waren neun Teilnehmer von der Universität Hannover, der Universität Kiel, der Universität Wien, der Universität Bonn und der Universität Bochum sowie vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in Heimerzheim erschienen. Der Kurs unter der Leitung von Dr. Michael Fechtelkord, Universität Hannover, diente dazu, das in der Festkörper NMR verwendete Magic Angle Spinning (MAS) Verfahren für Fragestellungen in der Mineralogie intensiver kennenzulernen. Der Kurs umfaßte jeweils vormittags einen Theorieteil von ca. 1-2 Stunden. Nachmittags wurden dann die Messungen an einem BRUKER ASX 400 Festkörper NMR Spektrometer durchgeführt und ausgewertet.
Am ersten Tag stellte Michael Fechtelkord zunächst die theoretischen Grundlagen des MAS Verfahrens vor: Es wurde die homo- und heteronukleare magnetische dipolare Wechselwirkung, sowie die chemische Verschiebungsanisotropie behandelt. Durch die Average Hamilton Theorie und Koordinatentransformation mit Hilfe von Wignerschen Rotationsmatrizen läßt sich die theoretische Funktionsweise der MAS Technik mathematisch behandeln. Praktische Details waren die Slow- und Fast MAS Techniken, sowie die Vorgehensweise bei der Kalibrierung des magischen Winkels. Im Anschluß an diesen theoretischen Teil konnte jeder Teilnehmer jene Kalibrierung am MAS Probenkopf einmal unter Zuhilfenahme des 79Br NMR- Signals von KBr praktisch durchführen. Am Nachmittag stellte Michael Fechtelkord den Teilnehmern die technische Durchführung von MAS Experimenten am Beispiel des Glycins dar. Nach der Kaffeepause wurde den Teilnehmern gezeigt, wie man das rotationssynchrone Hahnecho am Gerät einstellt. Anschließend konnten die Teilnehmer entweder bei der Fortsetzung der technischen Durchführung des MAS Experimentes zusehen oder sich mit der Spektrenauswertung zuvor aufgenommener MAS Messungen des Glycins am PC mit dem Programm DM2000NT von Dominique Massiot beschäftigen.
Am zweiten Tag gab es zunächst eine Einführung in die theoretischen Grundlagen des SATRAS (Satellite Transition Spectroscopy) und VAS (Variable Angle Spinning) Verfahrens und in spezielle Seitenbandenunterdrückungstechniken, wie PASS (Phase adjusted spinning sidebands), IRS (Isotropic rotation sequences) und TOSS (Total suppression of spinning sidebands). Die experimentelle Durchführung einer TOSS Messung fand am Beispiel des Glycins statt. Es wurden die Pulslängen und RF-Feldstärken bestimmt und die Hartmann-Hahn-Bedingung*) justiert. Am Nachmittag wurde eine SATRAS Messung am Beispiel von a-Al2O3 (Korund) und eine VAS Messung am Beispiel von Natriumsulfat durchgeführt. Anschließend sollten die Teilnehmer versuchen, anhand der SATRAS Meßergebnisse die Quadrupolkopplungskonstante zu berechnen. Mit teilweise leichter Hilfestellung von schon NMR erfahrenen Teilnehmern konnte zum Abschluß des Workshops diese Aufgabe schließlich von sämtlichen Teilnehmern korrekt gelöst werden.
Abschließend läßt sich festhalten, daß der Workshop eine gute Möglichkeit bot, das MAS Verfahren kennenzulernen. Aufgrund des kurzen Zeitraums hat man zwar die Möglichkeiten des MAS Verfahrens nicht vollständig verstehen, aber doch einen sehr guten Einblick gewinnen können.
Andrea Hartmann, Hannover

PS: Zwischen den Entdeckern der für die Kreuzpolarisations MAS NMR Messungen notwendigen Hartmann-Hahn Bedingung und der Autorin dieses Artikels, sowie einem bekannten deutschen Kristallographen besteht keinerlei verwandtschaftliche Verbindung. Die Namensgleichheit ist rein zufällig.