Max-von-Laue Preis 2002 - PD Dr. Michael Fechtelkord

Als ehemaliger hannoveraner Kristallograph freue ich mich besonders, die Laudatio auf Herrn Michael Fechtelkord halten zu dürfen, der gegenwärtig am Institut für Mineralogie der Universität Hannover als Wissenschaftlicher Assistent bei Christian Buhl tätig ist und den ich aus zahlreichen gemeinsamen Arbeiten gut kenne und schätze.

Zunächst zu seiner Vita: Herr Fechtelkord gehört zur Spezies der konvertierten Chemiker. D.h. er hat sich nach seinem Chemiestudium der Kristallographie, Mineralogie und den Geowissenschaften zugewandt. Aber lassen Sie mich am Anfang beginnen: Er wurde in Gütersloh geboren und machte in Warendorf sein Abitur. Dann begann er das Studium der Chemie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster wo er bei Herrn Müller-Warmuth seine Diplomarbeit anfertigte über ” NMR- und EPR-Spektroskopische Untersuchungen an Aluminiumsilikatgläsern”. Das Interesse an Spektroskopie und die Neugier an der Problematik der lokalen Symmetrie in fester Materie und die Zuordnung spektroskopischer Anregungen auf der Basis geeigneter Modelle und Strukturinformationen hat ihn bis heute nicht losgelassen. Nach dem Diplom begann er seine Dissertation am Institut für Physikalische Chemie in Münster und schrieb seine Doktorarbeit bei Herrn Müller-Warmuth über “MAS-NMR-Untersuchungen und 2D-FT-Multipulstechniken zur Strukturaufklärung an Zeolithsystemen und Bestimmung von Protonenabständen”. Nach der Promotion ging er nach Hannover, wo er im Januar dieses Jahres seine Habilitation abschloss und die Lehrbefugnis für Mineralogie und Kristallographie erhielt. Seine Habilitationsschrift befaßt sich mit dem Thema “Application of Solid State Nuclear Magnetic Resonance in Mineralogy: Local Structure Investigation as a Complementary Method to Structure Analysis”.

Die zuletztgenannten Begriffe kennzeichnen zugleich auch den Fokus seiner wissenschaftlichen Arbeiten über die Jahre und bilden die Grundlage für die Ehrung mit dem Max-von-Laue-Preis. Der Vorschlag, Herrn Fechtelkord den Preis zu verleihen beinhaltet die Worte der Komission:

“Die Festkörper-NMR-Spektroskopie hat im vergangenen Jahrzehnt einen gewichtigen Platz unter den experimentellen Techniken in der Kristallographie eingenommen. Verdienst von Herrn Dr. Michael Fechtelkord ist es, einerseits mit hervorragenden wissenschaftlichen Beiträgen zur Etablierung der Technik beigetragen zu haben und andererseits durch sein Engagement im Arbeitskreis NMR-Spektroskopie der DGK die Verfügbarkeit der Technik für Anwender aus der Kristallographie gefördert zu haben.”

Michael Fechtelkord verbindet elegant die Techniken lokaler Sonden mit der klassischen Strukturanalyse und modelliert Spektren unter Berücksichtigung der relevanten Zeitskalen für die jeweilige kristallographische, mineralogische oder chemische Fragestellung. Er versucht damit meist sehr erfolgreich das Verständnis von experimentellem Befund und theoretischem Modell zu verbessern.

Der Einstieg in die Forschungsarbeit in Münster hatte prägende Wirkung auf die wissenschaftliche Spürnase von Michael Fechtelkord. Er befaßte sich zunächst mit Zeoliten, also locker gebauten Aluminium-Silikat-Verbindungen, die aus zahlreichen technischen Einsatzgebieten bekannt sind (z.B. als Molekularsiebe, Ionenaustauscher oder als Katalysatoren in der petrochemischen Industrie). Diese Problematik war es auch, die ihn zur Zusammenarbeit mit Christian Buhl und Francois Holtz nach Hannover führte. Verschiedenste Fragen der Kinetik, der Ordnung/Unordnung oder der Orientierung organischer Komponenten in den Hohlräumen der Zeolith-Typen konnte Herr Fechtelkord seitdem erfolgreich beantworten.

Noch vor seiner Habilitation wurde Herrn Fechtelkord von der Alexander-von-Humboldt-Stipendium ausgezeichnet und forschte zwischen Oktober 1999 und Oktober 2000 mit einem Feodor-Lynen Stipendium als Gastwissenschaftler an der University of British Columbia, in Vancouver Kanada, bei Profs. Colin Fyfe und Lee Groat (also ebenfalls interdisziplinär in der Chemie und den Geowissenschaften). Mit seiner dortigen Arbeit gelang es ihm, die strukturelle Einbindung und Fraktionierung von Flour in Schichtsilikaten und aluminosilikatischer Schmelze aufzuklären. Er nutzte in Vancouver die 19F MAS NMR Spektroskopie und konnte Diskrepanzen in der Deutung von Raman, IR- und NMR-spektroskopischen Daten klären, um die strukturellen Gegebenheiten für die Verwendung in thermodynamische Modellen von granitischen Schmelzen und Schichtsilikaten zu verbessern.

Die Forschungsschwerpunkte von Herrn Dr. Fechtelkord liegen demnach in der Anwendung der Festkörper NMR-Spektroskopie und betreffen aktuelle kristallographische und materialwissenschaftliche Fragestellungen. Durch die Aufklärung der Lokalstruktur der untersuchten Kerne (hauptsächlich: 29Si, 27Al, 23Na, 19F, 1H und 13C) gelingt es Herrn Fechtelkord neue Aussagen über Material- und Struktureigenschaften zu machen, die durch andere Methoden kaum zugänglich sind. Er führte zahlreiche Messungen im Rahmen des DFG-Projektes „Geowissenschaftliches NMR“ durch und stärkte auf diesem Gebiet maßgeblich die enge Zusammenarbeit der Institute in Bochum, Hannover, Mainz, Münster, Hamburg und Kiel. Er gilt in Deutschland und auf internationaler Ebene als äußerst kompetenter Wissenschftler für NMR-spektroskopische Fragestellungen und steht stets mit exzellentem Rat und hohem persönlichem Einsatz zur Verfügung.

Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit betreut er in seiner Lehrtätigkeit zahlreiche Übungen zur Einführung in die Kristallographie und hält verschiedene Vorlesungen zur Anwendung der NMR-Spektroskopie. 1997 initierte er den Arbeitskreis NMR-Spektroskopie der Dt. Gesellschaft für Kristallographie, dessen Sprecher er auch seitdem ist. Seit 1997 betreut er intensiv und regelmäßig die NMR Workshops des Arbeitskreises und trägt in herausragender Weise dazu bei, diese Methode transparent machen, ihre Stärken als sinnvolle Ergänzung zu anderen strukturaufklärenden Methoden zu dokumentieren und damit innerhalb der DGK die lokalen Sonden einer breiten Masse junger Wissenschaftler in der kristallographischen Forschung näher zu bringen.

Wer mit Herrn Fechtelkord zusammenarbeitet, der stellt fest, daß er von einer unnachgiebigen Neugier und dem Wunsch nach der Erweiterung “seiner” Methoden getrieben wird, die nicht nur ihn selbst, sondern auch seine Doktoranden häufig ins schwitzen bringt.

In eigenen DFG Projekten und vielen Kooperationen mit in- und ausländischen Kollegen belegt Herr Fechtelkord seine hohe Qualifikation, die auch in zahlreichen Publikationen und Konferenzbeiträgen dokumentiert wird.

Zusammenfassend möchte ich daher feststellen, daß der diesjährige Max-von-Laue-Preis einem ausgewiesenen, sehr erfolgreichen und dieser Ehre würdigen jungen Wissenschaftler verliehen wird. Dazu gratuliere ich ihm herzlich.

Ulrich Bismayer, Hamburg