80. Jahrestagung der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft (DMG)
Hamburg, 8. – 12. September 2002

“Solches Wetter habe ich in Hamburg in 25 Jahren noch nicht erlebt!” – Gemeint war nicht der sicher von vielen von uns erwartete Regen ‚waagerecht’, sondern echtes Sommerwetter, das zu so manchem Stadtbummel oder abendlichem Sitzen an Hafen oder Alster verlockt hat.
Doch nicht nur das Wetter konnte sich sehen lassen. Über vier Tage gab es ein interessantes und abwechslungsreiches Programm: 172 Vorträge und 174 Poster gliederten sich in 17 Mikrosymposien. Die Titel dieser Mikrosymposien zeigen schon die Bandbreite von “Metamorphose und Geodynamik” über verschiedene Themen aus der magmatischen Petrologie bis hin zu “Umwelt- und Biogeochemie/Biomineralisationen”, “Arbeitsgebieten und Methoden von Industriemineralogen”, sowie “Mineralogie im Unterricht” reichte das Spektrum. Ist schon die vorstehende Aufzählung unvollständig, so kann das Herausgreifen von Vortragsthemen natürlich nur einige, sehr wenige der Mosaiksteinchen zeigen: klassische petrologische und mineralogische Fragenstellungen waren zahlreich und mit teils sehr interessanten und gut präsentierten Vorträgen und Postern vertreten. Doch das Spektrum reichte weiter: über Beton, Glas, Archäometrie, Kristallographie bis hin zu Meteoriten und “Sternenstaub”. Gerade aus der Sicht eines Mineralogen, der seinen Lebensarbeitsplatz noch nicht gefunden hat, war das Mikrosymposium “Arbeitsgebiete von Industriemineralogen” von besonderem Interesse, zeigte es doch Möglichkeiten auf, einen Arbeitsplatz außerhalb der Hochschule – und in manchen Präsentationen auch außerhalb der “klassischen” Mineralogensparten wie Keramik und Zement – zu finden. Studenten können hier nicht nur Ideen für eine Bewerbung, sondern auch Anregungen zur Vertiefung bestimmter Studieninhalte finden. Beispiele? Nur um einige zu nennen: Membrantechnik, Festoxidbrennstoffzellen, Rohstoffverfügbarkeit und -behandlung sowie Abfallwirtschaft.
Erfreulich jedoch nicht nur die Bandbreite der Themen, sondern auch der Prozentsatz an jungen Wissenschaftlern, teils Diplomanden, die ihre gerade fertig gewordenen Arbeiten präsentierten und dabei teils respektable, teils herausragend gute Vorträge und Poster zeigten.
Was sich in der Tagungsankündigung noch ein bisschen wie “Zu Risiken und Nebenwirkungen...” las, hat in (fast?) allen Fällen reibungslos funktioniert: Immer mehr Vortragende – im übrigen aller Generationen und Beschäftigungsfelder – gehen zu Präsentationen aus dem Computer über. Positive Nebeneffekte davon sind eine sehr hohe Abbildungsqualität sowie optisch klare Gliederungen – und irgendwie sind gleichzeitig die obligatorischen Tabellen, die noch nicht mal die Zuhörer in der ersten Reihe lesen können, ausgestorben.
Eine gute Idee war es auch, einen Plenarvortrag zum Thema “Die Auswirkungen der 5. HRG-Novelle auf die Beschäftigung von wissenschaftlichem und künstlerischem Personal” anzubieten. Kompetent vorgetragen von Harald von Kalm von der Deutschen Forschungsgemeinschaft konnte der Vortrag zwar sicher nicht die Stellensituation verbessern, aber uns allen wichtige und praktische Hinweise geben, wie mit der neuen Rechtslage umzugehen ist und welche Möglichkeiten es im Bereich der befristeten Arbeitsverhältnisse gibt.
Zwei halbtägige Führungen, eine zum HASYLAB und eine “Materialkundlich-denkmalpflegerische Stadtexkursion” rundeten das Programm ab. Jedoch waren diese Führungen während der Symposien und Vorträge, sodass es uns leider nicht möglich war, die Stadtexkursion am Dienstag Nachmittag mitzumachen, ohne den eigenen Vortrag, bzw. die eigene Posterpräsentation zu verpassen. Nach der hochinteressanten Exkursion zum Thema Denkmalpflege im Neuen Garten von Sanssouci im vergangenen Jahr in Potsdam – getragen vom Fachwissen der Ingenieure und Mitarbeiter der Stiftung “Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg” – sehr bedauernswert. Es wäre schön gewesen, diese Führungen an einem ‚freien’ Nachmittag, beispielsweise am Schlusstag zu haben, um allen Interessierten die Möglichkeit zur Teilnahme zu geben.
Anders, jedenfalls für uns, die Führung im Hamburger Synchrotronstrahlungslabor (HASYLAB) am Mittwoch, an der etwa 20 Tagungsteilnehmer interessiert waren. Die Fahrt dorthin vom Tagungsort aus dauerte etwa 15 Minuten. Der Inhalt eines solchen Labors besteht auf den ersten Blick aus großen, länglichen, quaderförmigen, Gebilden, die sternförmig auseinanderlaufen. Durch diese wird die Synchrotronstrahlung bis zum Ende dieser “Strahlen” geleitet, wo sich die einzelnen Messstellen befinden. Synchrotronstrahlung entsteht, wenn energiereiche Elektronen oder Positronen beschleunigt werden, beispielsweise wenn die Ablenkmagnete des Speicherrings DORIS sie auf gekrümmte Bahnen zwingen. Sie erstreckt sich vom sichtbaren Licht bis zur harten Röntgenstrahlung. Die für die jeweiligen Experimente zuständigen Wissenschaftler erläuterten uns deren Ablauf. Wir erfuhren, dass sowohl “weiße” als auch monochromatische Synchrotronstrahlung insbesondere für Mineralstrukturuntersuchungen genutzt werden kann. Während des etwa zweistündigen Aufenthalts hörten wir viele interessante Details über Grundlagen und aktuelle Forschung im HASYLAB.
Zurück am Tagungsort hatten wir noch Gelegenheit, uns nach der “anstrengenden” Exkursion mit Bier und belegten Brötchen zu stärken. Ein Imbiss, der auch zu jeder Postersitzung gereicht wurde – und zur Nachahmung durchaus empfohlen werden kann.

Susanne Petra Schwenzer & Siegfried Herrmann, Mainz
schwenze@mpchem-mainz.mpg.de