Die Angewandte Mineralogie auf der 80. Jahrestagung der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft (DMG)
Hamburg, 8. – 12. September 2002

Auf der Jahrestagung war der Themenbereich der angewandten Mineralogie mit rund 20 Vorträgen vertreten.
Eine umfassende Einführung in das Gebiet der keramischen Werkstoffe, angefangen von den Rohstoffen bis hin zur gesinterten Keramik, lieferte der Vortrag von W. Kollenberg. Auch fehlte es nicht an Hinweisen auf die hier vorhandenen vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für Mineralogen mit ihrer speziellen Ausbildung.
Dies wurde bestätigt durch die interessanten Einblicke in die industrielle Forschung und Entwicklung an keramischen Filtermaterialien (S. Tudyka) und Trennscheiben (K.-U. Hess).
Die zunehmende Bedeutung funktioneller und schützender Schichten spiegelte sich in einer Reihe von Vorträgen aus den Bereichen Hartstoff- und elektrokeramischer Schichten wieder.
Neben der Werkstoffentwicklung von PVD-Hartstoffschichten auf der Basis von Chromnitrid und deren Charakterisierung (P. Ramminger & R. Krismer) wurden die Anwendungsmöglichkeiten molekulardynamischer Berechnungen zur Herleitung der Kraft-Eindringtiefe-Relationen bei der Härtebestimmung mit Hilfe des Nanoidentationsversuches an TiC-Multischichtsystemen und deren plastischen Verhalten (P. Kizler, W. Zaoui & S. Schmauder) demonstriert.
Bei den elektrokeramischen Werkstoffen berichteten T. Maldener, P. Majewski & F. Aldinger über die Herstellung keramischer (La,Sr)(Ga,Mg)O3-x Dickschichten als potentieller Elektrolytwerkstoff für Festoxidbrennstoffzellen über unterschiedliche Herstellungsverfahren sowie deren Charakterisierung bezüglich des Phasengehaltes und des Gefüges. Ebenfalls zu den elektrokeramischen Werkstoffen zu zählen sind die SrSn1-xFexO3-d Perowskite, deren unterschiedliche Ionen- und Elektronenleitfähigkeit innerhalb der Mischkristallreihe in Beziehung gesetzt wurden zu kristallchemischen Eigenschaften (P. Schmid-Beurmann, V. Thangadurai & W. Weppner).
Ebenfalls stark vertreten war der Themenbereich Baustoffe, insbesondere mit verschiedensten Untersuchungsmethoden. Neben der Charakterisierung von Calcium-Silkat-Hydrat Phasen mit Hilfe der Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (L. Black, K. Garbev, A. Stumm, P. Stemmermann, K. R. Hallam & G. C. Allen) berichteten S. Stöber & H. Pöllmann über den Einsatz eines Wärmeleitungskalorimeters zur Untersuchung der Hydratationskinetik von Tonerdezementen. Ein neu entwickeltes Verfahren zur Untersuchung des thermischen Abbindeverhaltens von CaSO4×nH2O Baustoffen wurde von H. Sommer beschrieben. Eine Kombination verschiedenster Untersuchungsmethoden setzten I. Müller, D. Bosbach, H. Weyer, B. Schmitt und A. Putnis ein, um den Einfluß wasserlöslicher Polymere auf das Hydratationsverhalten von Portlandzement und die hierbei auftretenden Phasenreaktionen zu untersuchen. Der Themenbereich Baustoffe wurde abgerundet durch die Vorträge von P. Graf, E. Althaus & D. Stüben zum Einsatz von Meta-Kaolinit als puzzolanische Komponente in einem hydraulischen Kalkmörtel, der sich besonders für die Restaurierung historischer Bauwerke eignet sowie von G. Deissmann zur Mobilisierung von Radionukliden aus kontaminierten Betonmaterialien.
Am Beispiel des Kupfers demonstrierten J. Grassmann, H. Sievers, K. Eden & F. M. Meyer die sogenannte Stoffstrom-Analyse mineralischer Rohstoffe, die eine Abschätzung der gegenwärtigen und zukünftigen Verfügbarkeit von Rohstoffen ermöglicht. Im Hinblick auf eine energie- und umweltschonende Aufbereitung von Rohstoffen entwickelten A. Beckmann, B. Simons & W. Rammensee ein neues Verfahren zur thermischen Konditionierung eines Chalkopyritkonzentrates bei Temperaturen deutlich unter denen der konventionellen pyrometallurgischen Verfahren.
In einem sehr interessanten Vortrag aus der Sichtweise eines Anlagenbetreibers beschrieb J. Metschke die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten von Mineralogen in einer thermischen Abfallbehandlungsanlage, angefangen von der Charakterisierung der Brennstoffe bis hin zur Vorhersage und Aufklärung von Korrosionsprozessen und deren Vermeidung durch eine geeignete Werkstoffauswahl bzw. an die Brennstoffzusammensetzung angepaßte Prozeßführung. Mit der Deponierung von Hausmüllverbrennungsaschen, speziell mit der Hydratation des darin enthaltenen metallischem Aluminiums unter Bildung von Wasserstoff sowie dem Einfluß des pH-Wertes, der Anwesenheit von Chlor-Ionen etc. auf die Wasserstoffbildung befaßten sich die beiden Vorträge von G. Magel, H. Unzeitig, S. Heuss-Aßbichler & K. T. Fehr.
Die große Zahl interessanter und informativer Vorträge auf der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft zeigen wie vielfältig der Bereich der angewandten und technischen Mineralogie ist. Etwas unglücklich erschien mir dagegen die Aufteilung in vier Vortragsblöcke an vier Tagen.

Arno Kaiser, Aachen
kaiser@ghi.rwth-aachen.de