Stellungnahme des BDG zum Befristungsgesetz
Krise des akademischen Mittelbaus durch Befristungsgesetz


Durch die Anfang 2002 in Kraft gesetzte 5. Novelle des Hochschulrahmengesetzes ist die massive Krise des akademischen Mittelbaus verstärkt worden. Das von komplizierten Ausnahme- und Übergangsregelungen begleitete und in einer 6. Novelle modifizierte Gesetz hat zur Folge, daß ein Nachwuchswissenschaftler maximal 12 Jahre an der Hochschule befristet verbleiben darf (6 Jahre vor der Promotion, 6 Jahre nach der Promotion). Dies gilt auch für die gleichzeitig eingeführten Juniorprofessuren, die sich über Evaluationen stetig beweisen müssen, und es gilt insbesondere auch für Mitarbeiter, die sich erfolgreich längere Zeit über Drittmittel finanzieren konnten. Da ihre Leistungen stetig begutachtet werden, handelt es sich um herausragende Forscherpersönlichkeiten. Selbst diese werden nach 6 Jahren der Perspektive eines Wechsels an andere Forschungseinrichtungen beraubt.

Während Mittelbaustellen und Professuren gerade in den Geowissenschaften permanent gestrichen wurden und werden, ist auch der Generationswechsel fast abgeschlossen. So stehen in den kommenden Jahren kaum frei werdende Stellen zur Verfügung. Da die Befristungsregel aber einem Berufsverbot nahe kommt, werden zahlreiche wissenschaftliche Mitarbeiter auf Zeitstellen trotz international erfolgreicher Arbeit ihrer Zukunft beraubt und damit die leistungsorientierte Drittmittelforschung beschränkt. Die Konsequenz ist, daß der ganz junge Nachwuchs keine Perspektiven im Hochschulbereich sieht und, wie offenbar gewollt, frühzeitig abspringt. Dies, der demographische Rückgang des Nachwuchses und das derzeit geringe Interesse an Naturwissenschaften, führt bereits jetzt dazu, daß in den Naturwissenschaften Doktorandenstellen nicht mehr mit dem motiviertesten Nachwuchs besetzt werden können. Eine Qualitätssicherung leistungsorientierter Drittmittelforschung, der Lehre und von Funktionsaufgaben ist aufgrund der "Verschrottung" (Zitat Ministerium für Bildung und Forschung) des älteren Nachwuchses und der resultierenden Verunsicherung des jüngeren Nachwuchses nicht mehr gegeben. Entsprechend gedrückt ist die Stimmung in den Instituten, natürlich auch in den Geowissenschaften.

Die Geowissenschaften sind gelände- und laborbasiert mit einem sehr breiten Spektrum an Untersuchungsmethoden. Der Betrieb von Großgeräten, wie Rasterelektronenmikroskop, Elektronenmikrosonde, Diffraktometer, Massenspektrometer sowie der Betrieb von Reinstlabors erfordern lange Einarbeitungszeiten. Dabei muss aber auch das Verständnis für und der Bezug zu sinnvollen geowissenschaftlichen Fragestellung im Vordergrund bestehen bleiben. Gerade diese interdisziplinären Spezialisten an Großgeräten oder in Speziallabors werden künftig fehlen oder nur kurzzeitig qualitativ hochwertige Ergebnisse erzielen können, bevor sie dem Befristungsgesetz zum Opfer fallen bzw. aufgrund mangelnder Karriereperspektiven an deutschen Hochschulen ins Ausland abwandern (brain drain). Während in Deutschland der Forschungsetat dieses Jahr eingefroren wird, werden diese Etats vor allem in den USA deutlich erhöht.

Folgen:

Forderung:

Für eine stärkere Förderung nach Leistung im internationalen Wettbewerb und eine Qualitätssicherung von Lehre und Forschung in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen, sind diesen Zielen gerecht werdende Reformen und nicht neue Überregulierungen notwendig. Der BDG fordert daher, das HRG kurzfristig zu ändern und die Befristungsbestimmungen ersatzlos zu streichen. Mittelfristig ist die Schaffung eines Wissenschaftlertarifvertrages unabdingbar.



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(Bei der Red. eingegangen: 30. April 2003)