DMG-Doktorandenkurs


Anwendung der Festkörper NMR Spektroskopie
in der mineralogischen Forschung
10. – 13. Juni 2003, Bochum

Die meisten Atomkerne besitzen ein magnetisches Kerndipolmoment. NMR- Untersuchungen beruhen auf der Wechselwirkung zwischen dem magnetischen Dipolmoment des Atomkernes und einem angelegten magnetischen Feld. Als Folge dieser Wechselwirkungen werden Energieniveaus besetzt. Übergänge zwischen diesen Zeeman-Niveaus können durch elektromagnetische Strahlung geeigneter Frequenz angeregt werden. Die Energieabsorption liefert eine Absorptionslinie, die für jeden Atomkern charakteristisch ist. Zusätzliche lokale Felder können die Zeeman-Niveaus aufspalten und zu einer Feinstruktur oder Verbreiterung der Absorptionslinien führen (Dipol-Dipol- und Quadrupolwechselwirkungen, chemische Verschiebung). Die Festkörper NMR Spektroskopie ist somit eine Methode zur lokalen Strukturaufklärung, mit der man Informationen über benachbarte Atome (1. und 2. Koordinationssphäre), lokale Symmetrie, Koordinationszahlen, Bindungswinkel und dynamische Prozesse gewinnen kann.

Der viertätige Workshop wurde von Herrn Dr. Michael Fechtelkord am Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik der Ruhr-Universität Bochum geleitet. Die 11 Teilnehmer stammten aus verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen aus Bayreuth, Bochum, Heidelberg, Karlsruhe, Kiel, Leipzig und Münster, die z. T. von weither nach Bochum angereist waren.

Der Kurs vermittelte den Teilnehmern einen klaren Überblick über die theoretischen Grundlagen. Es wurden Testmessungen an für die meisten Teilnehmer relevanten Beispielen, z.B. Aufklärung der Phlogopitstruktur, experimentelles statisches und 207Pb MAS NMR-Spektrum von Pb3(PO4)2, sowie MAS-NMR- Spektroskopie an Gläsern (chemische Verschiebung der Qn- Baueinheiten bei einem binären Silicatglas) durchgeführt.

Während des Kurses wurde die Funktionsweise des NMR-Spektrometers anschaulich erläutert, und jeder Teilnehmer bekam die Gelegenheit, sich mit dem Gerät vertraut zu machen. Die Experimente konnten selbstständig nach Einleitung vom Betreuer durchgeführt werden. Außerdem wurde gezeigt, wie das Gerät mittels der Software zu kalibrieren ist. Die Auswertung erfolgte über geeignete Software, die auf Laptops jedem Teilnehmer zur Verfügung stand. An zwei Abenden, an denen gemeinsame Unternehmungen stattfanden, bestand außerdem die Möglichkeit, sich näher kennen zu lernen.

Am Dienstag begann der Kurs mit den physikalischen Grundlagen und der geschichtlichen Entwicklung der NMR Spektroskopie. Auch die mathematischen Hintergründe der Auswertung am NMR-Rechner wurden erklärt. Außerdem wurden der Aufbau und die Funktionsweise des NMR-Gerätes erläutert.

Später fand eine Einweisung am Gerät einschließlich der Kalibrierung und der Einstellung der Messparameter statt. Dabei konnten die Probenpräparation und das Wechseln des Probenkopfes geübt werden. Mit der Bestimmung von Korrelationszeiten und Aktivierungsenergien befasste sich die Gruppe zwecks späterer Auswertung der zu messenden Probe. Anhand des Beispiels Tetramethylammoniumjodid wurde eine Einführung in die 1H Spin-Gitter Relaxation und Dynamik gegeben. Nach der Messung wurden die T1- Messungen graphisch ausgewertet und die Korrelationszeiten und Aktivierungsenergien bestimmt.

Der Mittwoch begann mit einer Einführung zu den Themen Wechselwirkung der magnetischen dipolaren Kopplung und chemischen Verschiebung. Außerdem wurde das Magic Angle Spinning Verfahren (MAS) besprochen, das gleich anschließend zur Messung von 29Si, 19F und 1H MAS NMR Spektren eines Phlogopits benutzt wurde. Um diese auszuwerten zu können, bekam man die Gelegenheit, sich mit dem Programm DMFIT vertraut zu machen.

Am Vormittag des Donnerstags wurden das Hahnsche Echo und das Kreuzpolarisationsexperiment vorgestellt. Der Zusammenhang zwischen der Kreuzpolarisationszeit und heteronuklearen Abständen wurde für die spätere Auswertung erarbeitet. Auch das INADEQUATE Experiment und das zweite Moment wurden erwähnt. Am Beispiel von Kaolinit wurde eine CPMAS-Messung durchgeführt, die später mit EXCEL ausgewertet wurde. Mit dem zweiten Moment sollten die H–Si-Abstände errechnet werden. Auch die Auswertung mit dem Programm DMFIT wurde anhand von Beispielen vertieft.

Am Freitag wurden die Grundlagen der elektrischen Quadrupolwechselwirkung erster und zweiter Ordnung bei Kernen mit einem Kernspin I > ½ näher gebracht. Dabei wurde unter anderem auf typische Quadrupol-Signalformen eingegangen. Vorgestellt wurde außerdem das Doppelrotationsverfahren (DOR) zur Ausmittlung von Quadrupolwechselwirkungen und das Multi-Quanten Magic-Angle Spinning (MQMAS). Schließlich wurde die Satellite Transition Spectroscopy (SATRAS) erläutert, und erklärt, bei welchen Problemen man SATRAS anwenden kann. Anschließend wurden 23Na MAS NMR Messungen an Halit und Natriumsulfat durchgeführt. Desweiteren wurde anhand von Korund eine 27Al SATRAS Messung durchgeführt. Parallel dazu wurden die NMR-Spektren mit DMFIT und die SATRAS-Spektren ausgewertet. Dabei wurden die Parameter der Quadrupolwechselwirkung, Zentral- und Satellitenübergänge besprochen.

Die Durchführung des gesamten Kurses war sehr gut organisiert und selbst am Feierabend unternahm die Gruppe gemeinsame Aktivitäten, z.B. Kegeln und Essengehen, die zum gegenseitigen Kennenlernen beitrugen. Der Workshop bot ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Theorie und Praxis; gerade Erlerntes konnte bei den Messungen direkt umgesetzt werden. Anfänger erhielten einen interessanten Einblick in den Umgang mit dem NMR-Gerät; Fortgeschrittene konnten Nützliches für ihre Projekte mit nach Hause nehmen.

Franziska Kern, Münster
franziskakern@gmx.net

Zahra Tavallai-Wolf, Karlsruhe