Globalisierung und die Zukunft der Geoberufe
Eindrücke vom 3. Deutschen Geologentag

8. November 2003, Bonn

Die im Zweijahresrhythmus stattfindende Veranstaltung des Berufsverbandes Deutscher Geowissenschaftler (BDG), diesmal der 3. Deutsche Geologentag, stand unter dem Motto: Globalisierung und die Zukunft der Geoberufe. Dieses Thema wurde intensiv in Vorträgen zur Rohstoff- und Energieversorgung sowie in Vorträgen aus der Sicht der Geophysik, Mineralogie und Geologie aufgegriffen. Als Teilnehmer des Geologentages fanden sich ca. 120 Mitglieder des BDG, Geowissenschaftler generell und die geladenen Ehrengäste am Tagungsort Hotel Königshof ein. In Pausen und am abendlichen Büffet war ein sehr reger Austausch der Anwesenden über Gegebenheiten, Neuerungen und Ideen und Möglichkeiten im weiten Wirkungsfeld der Geoberufe zu beobachten.

BDG-Preis „Stein im Brett“
Der BDG verleiht jährlich einen Preis an Nicht-Geowissenschaftler, die sich in der Öffentlichkeit mit herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Geowissenschaften verdient gemacht haben. Dieser Preis mit dem Titel „Stein im Brett“ ging in diesem Jahr an den Biologen Prof. Dr. Ernst Waldemar BAUER. Herr Professor BAUER moderierte über viele Jahre die Sendung „Wunder der Erde“ im Hessischen Rundfunk. Mit großem Einsatz drehte er an den Wochenenden seine Filme für die Sendung. Vielfach standen geowissenschaftliche Themen und Zusammenhänge im Mittelpunkt seiner Sendung. Herr Prof. BAUER vermochte diese ausgesprochen klar und in einer auch dem Laien verständlichen Form darzubringen.

Im Anschluß an eine kurze Festrede wurde der Preis „Stein im Brett“ zusammen mit einer Urkunde vom 1. Vorsitzenden des BDG, Prof. Dr. Werner PÄLLCHEN, feierlich an den Preisträger übergeben. Neben weiteren Ehrengästen des Hessischen Rundfunks war auch ein Kamera-Team zugegen, das die Verleihung aufzeichnete. Letzteres mag vielleicht nach außen wie ein kleiner eye catcher für den Berufsstand der Geowissenschaftler gesehen werden. Prof. Bauer führte die Anwesenden zudem mit einem sehr lebhaften Vortrag in die „Wunderwelt der Höhlen“.

Vorträge
Prof. Dr. Diethard MAGER vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in Berlin sprach über „Die zukünftige Rohstoffversorgung Deutschlands und ihre möglichen Konsequenzen“. Er veranschaulichte anhand der derzeitigen Rohstoff-Einfuhr die Bedeutung der globalen Rohstoff-Verfügbarkeit für Deutschland.
Die begrenzten Ressourcen im eigenen Land sind uns bekannt. Die Förderung der Steinkohle, die in den 50er Jahren bei 141 Mio Jahrestonnen lag, befindet sich heute bei 26 Mio Jahrestonnen, mit einer Prognose von 12 Mio im Jahr 2010. Einher gehen zwangsläufig Arbeitsplatzabbau im Bergbau und Importzunahme. Auch die Förderung der Braunkohle erfolgte seit der Wiedervereinigung reduziert. Der rückläufigen Bergbauförderung steht zunehmend der Sanierungsbergbau wie in den Fällen Wismut und Braunkohle gegenüber. Metallrohstoffe müssen weitgehend importiert werden. Hinsichtlich Erdöl ist die inländische Rohstoffversorgung nahezu vollständig auf den Import angewiesen. Entsprechend der Entwicklung der Erdbevölkerung rechnet man bereits zwischen 2010 und 2030 mit einem Knappwerden der globalen Erdölversorgung.
Die mäßige Rohstoffprognose in Deutschland ruft einerseits verstärkt nach Importen, andererseits aber auch nach mehr Effizienz und Nachhaltigkeit im eigenen Land. Eindeutig zu verfolgende Ziele sind somit: Nachhaltigkeitsaspekte zu verstärken und Substitution zu fördern.
Als mögliche Konsequenz aus der abnehmenden Rohstoffsicherung Deutschlands und dem baldigen Fehlen geowissenschaftlichen Nachwuchses fordert MAGER eine gute praxisorientierte Ausbildung der Geowissenschaftler, die eigenen Auslandsaustausch verstärkt, höhere Versorgungssicherheit bietet und unternehmerische Entscheidungen verstärkt ausprägt.

Dr. Gerhard OTT, Essen, Präsident des Deutschen Nationalkomitees des Weltenergierates, veranschaulichte in seinem nachdenklich stimmenden Vortrag „Energie für unsere Welt – heute, morgen, übermorgen“ die Energie-Verbrauchssituation in Europa (auf 8 % der Bevölkerung kommen 25 % des Energieverbrauchs). Er prognostiziert, dass Megastädte zunehmen werden, die Weltbevölkerung aber letzlich abnehmen wird angesichts eines knapper werdenden Energievorrates. Hier scheint sich eine Perspektive bei den erneuerbaren Energien aufzutun. Jedoch werden diese die klassische Energie nicht ersetzen können. Die technologische Entwicklung in Dritte Welt Ländern wird Luftschadstoffe wie SO2, NOx, Staub und gravierend zukünftige CO2-Emissionen in diese Länder verlagern. Der technologische Fortschritt führt weltweit zu einer neuen Dynamik des Energieverbrauchs, des Konsums (Beispiel: Kühlschrank, PKW) und der Bevölkerung. OTT warnt vor einer raschen, weil risikoreichen Energiewende und plädiert diesbezüglich für einen kontinuierlichen Übergang. Hier sieht er neue Perspektiven für Mineralogie, Geophysik und Geologie.

Erfrischt durch eine Kaffeepause befasste sich Prof. Dr. Walter MARESCH, Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik der Ruhr-Universität in Bochum und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft (DMG), engagiert und wegweisend mit dem Thema: „Mineralogie in Deutschland – wo liegt ihre Zukunft?“. Er konstatiert die Stellung der Mineralogie im Rahmen der Geowissenschaften als deren Materialwissenschaft. Schwerpunktsgebiete der Mineralogie sind in den Sektionen der DMG angesiedelt. MARESCH erläuterte eingehend die für manch einen Zuhörer noch neue Struktur der Master-Studiengänge (5 Jahre) mit Jahrgangsgemeinschaften und Bachelor-Abschluss nach 3 Jahren. Die Studiengänge seien ständig änderbar. Im Hinblick auf die Zukunft richtete er einen klaren Appell an die Wirtschaft, ihren Bedarf zu definieren und den Universitäten mitzuteilen.

Prof. Dr. Hans Joachim KÜMPEL, Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsfragen, Hannover, ging in seinem Vortrag „Die Zukunft der Geophysik in Deutschland“ auf Studium, Berufsfelder, Arbeitsmarkt und -aussichten ein. Bachelor- und Master-Abschlüsse für die Geophysik seien bis 2009 einzuführen.
Ein „Vordiplom“ wird demnach äquivalent sein zu denen in Physik, Meteorologie und Physikalischer Ozeanographie. Die Geophysik wird in diesem Zusammenhang verstärkt darauf bedacht sein, sich von der „Umweltphysik“, wie KÜMPEL sie bezeichnete, abzugrenzen. (Unter letzterer versteht er meines Erachtens u.a. die Meteorologie, Physikalische Ozeanographie und Bereiche der Umweltgeologie.) KÜMPEL wies kritisch auf die Zwölfjahresregelung im öffentlichen Dienst hin, sieht die Berufssituation für Geophysiker aber auch in Zukunft optimistisch.

Dr. Jürgen FAUPEL, Hannover, widmete sich in seinem Vortrag der „Zukunft der Geoberufe in Deutschland – Fortführung der BDG-Revision“. In der „BDG-Revision 2002“ erstellte der BDG eine Analyse zur Ist-Situation der Stellen für Geowissenschaftler in Deutschland. Daraus folgend wurden mögliche Szenarien, Strategien und Zukunftsmanagements speziell für die Ausbildung von Geowissenschaftlern entwickelt. FAUPEL zitierte dazu die Organ-Hefte GMIT (Nr. 10) und BDG-Mitteilungen (Nr. 100). Er plädierte für einen multivarianten Studiengang, der neue geowissenschaftliche Fächer integriert. Zum Zweck eines guten Marktwertes sollen Aufbaustudien verstärkt wahrgenommen werden. Zudem empfiehlt er, den Kontakt zur Hochschule über das Studium hinaus stets zu pflegen.
FAUPEL sprach auch die neuen Arbeitsmarktentwicklungen an. Im Zuge der Europäisierung tun sich irreversible Öffnungen des nationalen Marktes in Europa und weltweit auf. Unbekannte Konkurrenz erscheint, z.B. wenn deutsche Firmen preiswertere Geowissenschaftler anderer Nationalität einstellen. Es gäbe aber auch unbekannte Chancen im nationalen und globalen Kontext. Nach FAUPEL haben die Geoberufe in Deutschland eine Zukunft. Sie werden jedoch anders sein als heute, und es wird dafür viel zu tun sein.

Eva Kainka, Nettetal
E.Kainka@t-online.de