Manganknollen auf dem Ozeanboden:
Tagebuch der Umwelt vor 20 Millionen Jahren

Gab es vor 20 Millionen Jahren schon Umweltsünder? Sicher keine menschlichen, die heute darüber berichten könnten. Wollen wir Informationen über die Umweltbedingungen vor Jahrmillionen erhalten, so müssen wir Rückschlüsse aus Gesteinsmaterial ziehen, z. B. aus Manganknollen, die in einigen Kilometern Wassertiefe auf dem Ozeanboden gefunden werden. Dieser Frage gehen die Bremer Wissenschaftler Andrea Koschinsky und Michael Bau von der International University nach. Sie untersuchen mit hochempfindlichen Geräten winzige Spuren von Elementen in den Manganknollen, die ihnen Aufschluss über die ozeanischen Umweltbedingungen und Meeresströmungen zur Zeit des Wachstums der Knollen liefern – und das sind ebenfalls mehrere Millionen Jahre.

In natürlichen Wässern gibt die relative Verteilung von Spurenelementen und deren Isotopen Aufschluss darüber wo sie ursprünglich herstammen, welche Umweltbedingungen dort herrschten, und welche Prozesse dafür verantwortlich sind, dass sie in diesem Wasser zu finden sind. Wenn aus diesen Wässern Minerale ausfallen, die Kalkstein oder Manganknollen und –krusten bilden, oder Eisen-Mangan-Lagerstätten, dann wird diese Information vom Wasser auf den Feststoff übertragen. Eine 20 Millionen Jahre alte Eisenmangankruste aus dem Meer liefert daher Erkenntnisse über die ozeanischen Umweltbedingungen vor 20 Millionen Jahren, ein 2,5 Milliarden altes Eisenerz über die Bedingungen und somit das Leben zur Frühzeit der Erde.

Die Spurenelemente Neodym und Hafnium sind solche Beispiele für eher exotische Elemente, die untersucht werden, um Ozeanzirkulation und die Entstehung von Tiefenwasser besser zu verstehen. Neodym und Hafnium unterscheiden sich grundlegend voneinander in ihrem Verhalten in Wasser. Neodym ist im Meerwasser gelöst und seine Isotopenzusammensetzung liefert daher Informationen über die Wasserchemie am Ort der Bildung einer Mangankruste. Hafnium dagegen verbindet sich bereits auf dem Kontinent mit mikroskopisch kleinen “kolloidalen” Eisenhydroxid-Partikeln, die dann vom Festland in das Meer geschwemmt und dort weiter transportiert werden. Hafnium liefert daher Erkenntnisse über die Meeresströmungen zur damaligen Zeit. Eisen-Mangankrusten, die so über einen Zeitraum von vielen Millionen Jahren gewachsen sind, haben die Veränderungen dieser Strömungen wie in einem Geschichtsbuch aufgezeichnet.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner: Dr. Andrea Koschinsky, International University Bremen, Geoscience & Astrophysics, 28725 Bremen. Tel: 0421-200 3547. E-mail: a.koschinsky@in-bremen.de


Kontaktadresse: Deutsche Mineralogische Gesellschaft
Pressereferentin: Dr. Heidi Höfer, Institut für Mineralogie, Universität Frankfurt, Senckenberganlage 28,
60054 Frankfurt am Main. Tel.: 069-798 22549, Fax: 069-798 28066, E-Mail: hoefer@em.uni-frankfurt. de