Die Burgruine im Labor:

Historische Baustoffe mit Hightech-Methoden entwickelt

Womit ersetzt man verwitterte Baustoffe an historischen Bauwerken, damit sie nicht gleich wieder verwittern? Mit diesem Problem beschäftigt sich der Mineraloge Bernhard Middendorf an der Universität Kassel und „kocht“ im Labor die alten Baustoffe nach – allerdings mit modernen Zusätzen, die ihre Verwitterungsbeständigkeit erheblich verbessern. So lassen sich dem Originalmaterial angepasste Baustoffe finden, die dafür sorgen, dass unser Kulturgut dauerhaft und wirtschaftlich erhalten bleibt.

Bei heutigen Sanierungsmaßnahmen der mit Gipsmörtel gemauerten Gebäude ist die Auswahl des Sanierungsmaterials von zentraler Bedeutung. Es müssen Baustoffe entwickelt werden, die dem ursprünglich verwendeten Material ähnlich sind. Dabei ist das Mikrogefüge der Gipsmörtel von entscheidender Bedeutung. Es wird gezielt verändert, so dass moderne, verwitterungsresistente Gipsmörtel entstehen, die in historischen Bauwerken eingesetzt werden können. Der Schlüssel für die erfolgreiche Entwicklung eines modernen gipsgebundenen Sanierungsmörtels ist die Zugabe chemischer Zusätze, die Verwendung unterschiedlich hergestellter Bindemittel zusammen mit einer ideal angepassten Korngrößenverteilung der Mörtel. Mineralogische Untersuchungsmethoden dienen zur Charakterisierung der Produkte.

Gipsmörtel wurden in Deutschland traditionell in der Nähe von Gipslagerstätten auch im Außenbereich von Bauwerken eingesetzt. Besonders in den Regionen des Harzes, dem Thüringer Becken, in Franken sowie um Lüneburg und Lübeck findet man zahlreiche mit Gipsmörtel gemauerte kulturhistorisch wertvolle Bauwerke, die es zu erhalten gilt. Obwohl Gips aufgrund seiner hohen Wasserlöslichkeit sehr verwitterungsanfällig ist, wissen wir jetzt, dass auch schon damals verschiedene Zusätze verwendet wurden, die zu einem porenoptimierten und damit widerstandsfähigen Gipsmörtel geführt haben. Leider ist das Wissen über die traditionellen Herstellungsverfahren und die verwendeten Zusätze verloren gegangen ­ und wird nun durch moderne Forschung wieder zurückgewonnen.

Wissenschaftlicher Ansprechpartner: Dr. Bernhard Middendorf, Fachgebiet Werkstoffe des Bauwesens, Universität Kassel, Mönchebergstr. 7, 34125 Kassel. Tel: 0561-804 2603, Fax: 0561-804 2662, E-mail: midden@uni-kassel.de


Kontaktadresse: Deutsche Mineralogische Gesellschaft
Pressereferentin: Dr. Heidi Höfer, Institut für Mineralogie, Universität Frankfurt, Senckenberganlage 28,
60054 Frankfurt am Main. Tel.: 069-798 22549, Fax: 069-798 28066, E-Mail: hoefer@em.uni-frankfurt. de