Liebe DMG-Mitglieder,

von der Begeisterung über die Aktivitäten anlässlich des Jahres der Geowissenschaften 2002 ist wenig geblieben. Die großen und überaus erfolgreichen Veranstaltungen des Geo-Jahres haben uns leider auch keine höheren Studentenzahlen beschert, wie manch einer insgeheim gehofft haben mag. Die Universitäten, von massiven Kürzungen bedroht, durchforsten vor allem die kleinen Fächer nach Sparpotential, und das führt zur Reduzierung von Stellen in der Mineralogie. In der letzten Juli-Ausgabe des FORUM (Nr. 85, S. 18 – 21) hat Herr Amthauer den vielseitigen Einsatz von Diplommineralogen wortreich beschrieben und gleichzeitig die Anbiederungsversuche der Mineralogen an andere Fächer kritisiert. Ich habe das Gefühl, Herr Amthauer hängt einer Illusion nach. Das Problem des Faches Mineralogie an den meisten deutschen (und auch österreichischen) Hochschulen lässt sich auf einen einzigen Satz reduzieren: Es gibt zu wenig Studenten, die Mineralogie studieren wollen. Warum das so ist, ist unklar. Meiner Ansicht nach hängt das nicht mit den späteren Berufsaussichten zusammen. Es gibt genügend Beispiele von Fächern wie Kernphysik, Geophysik aber auch Biologie, deren Absolventen kaum Chancen haben, in ihrem eigenen Fach unterzukommen. Aber diese Fächer werden trotzdem studiert. Der Vergleich mit der Biologie könnte auf ein Imageproblem der Mineralogie bei Schülern hinweisen. Die Anzahl der Diplomabschlüsse in der Mineralogie war nie sehr hoch, aber sie ist weiter gesunken. In Anbetracht dieser Situation ist die Aufgabe eines eigenen Studiengangs Mineralogie nicht zu vermeiden. An vielen Universitäten ist das auch schon geschehen, andere tun sich schwerer, wie zum Beispiel Köln. Dafür hat hier der Dekan der nach alter Tradition sehr großen naturwissenschaftlichen Fakultät „vorgeschlagen“, Geologie und Mineralogie in einem gemeinsamen Institut zu vereinen, natürlich müssen zuvor Stellen abgegeben werden. Die geringe Zahl der Diplome der Mineralogie wird so camoufliert. Es gibt allerdings in der Mineralogie und auch Kristallographie in Köln und vermutlich auch an anderen Universitäten wesentlich mehr Promotionen als Diplomabschlüsse, aber das ist für den Studiengang nicht relevant.

Das heißt natürlich nicht, dass Mineralogie überflüssig wird. Im Gegenteil, Geowissenschaften sind ohne Mineralogie nicht möglich. Der Einsatz moderner mikrochemischer Methoden z.B. in der Altersbestimmung ist ohne genaue mineralogische bzw. petrographische und petrologische Voruntersuchungen undenkbar. Auch in der Interpretation dieser Daten sind umfangreiche Kenntnisse in Phasenpetrologie, Gleichgewichtsthermodynamik, Kinetik etc. erforderlich. Mineralogische Untersuchungen sind heute meist eingebunden in das Studium geologischer bzw. geodynamischer Prozesse. Deshalb ist ein geowissenschaftlicher Studiengang auch sinnvoll. Es ist zudem zu beobachten, dass die Arbeitsmethoden der Geologie immer quantitativer werden. Die Geologie bedient sich zunehmend physikalischer und chemischer Methoden. Diesen Schritt zu quantitativen Methoden hat die Mineralogie schon lange hinter sich. Der Anfang November in Köln verstorbene Mineraloge Karl Jasmund war einer der ersten, der das erkannt hatte. Er hat das Kölner Institut bereits in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts massiv mit Instrumenten ausgerüstet. Als Tonmineraloge nützte ihm das Mikroskop wenig. Die zunehmende Quantifizierung geologischer Untersuchungsmethoden könnte allerdings zu einer Reduzierung der Studentenzahlen auch in diesem Fach führen, Studenten, die dann wohl in die Geographie abwandern. Das wirft grundsätzlichere und weitreichendere Fragen auf.

Es hat keinen Sinn den guten alten Zeiten nachzutrauern. Der gemeinsame Studiengang wird überall kommen, der Bachelor wird das Vordiplom ersetzen und der Master das Diplom und die Institute für Mineralogie werden in geowissenschaftliche Institute integriert. Die Diskussion darüber erinnert mich an die Jahre zurückliegende Diskussion, ob ein Artikel bzw. ein Paper denn unbedingt auf Englisch geschrieben werden muss. Das ist heute selbstverständlich. Dieser Trend war und ist nicht aufzuhalten. Kein Mensch kommt heute mehr auf die Idee sich darüber aufzuregen. Man mag sich höchstens fragen, ob dies ohne Nazi-Regime auch so gekommen wäre. Die Antwort lautet vermutlich: Ja, aber langsamer.

Nun ist Mineralogie nicht nur Geowissenschaft. Das umfangreiche Gebiet der angewandten Mineralogie kann schlecht unter Geowissenschaften subsumiert werden. Es wäre deshalb sinnvoll, wenn es in Deutschland einige Universitäten gäbe, an denen man Mineralogie im Amthauer’schen Sinn studieren könnte, aber eben nur wenige, den Studentenzahlen angepasst. In Köln haben sich im letzten Jahr zwei Mineralogiestudenten eingeschrieben, die nach Köln gekommen sind, weil es hier noch keinen geowissenschaftlichen Studiengang gibt. Sie wollten u.a. Vorlesungen in Bodenkunde vermeiden, und sich dafür auf mineralogisch-kristallographische Arbeiten konzentrieren. Leider ist eine Aufgabenteilung von Universitäten mit unterschiedlichen Schwerpunkten offensichtlich nicht leicht möglich. Derartige Konzentrationen machen schon Schwierigkeiten innerhalb eines Bundeslandes, auf Bundesebene ist das schier unmöglich.


Der Vorstand der DMG hat einige Beschlüsse gefasst, auf die ich Ihre Aufmerksamkeit lenken will.

Wir haben die Beteiligung der DMG am GMIT beschlossen. Die Auflage von GMIT wird mit unseren Mitgliedern auf fast 10.000 steigen, verglichen mit 1.500 des FORUM. Wir können uns hier den anderen geowissenschaftlichen Fächern gegenüber wesentlich besser präsentieren. Neben den Seiten, die für die einzelnen Gesellschaften reserviert sind, können im GMIT auch Beiträge über neuere Forschungsergebnisse gebracht werden. Herr Jordan (Bochum) wird der Vertreter der DMG in der Redaktion des GMIT sein. Ich bitte Sie, Herrn Jordan mit möglichst vielen Beiträgen zu versorgen, beispielsweise über interessante Neuentwicklungen auf Ihrem Gebiet. Das FORUM soll unter der Leitung von Herrn Glinnemann weiter existieren, allerdings wird es in Zukunft einen geringeren Umfang haben. Das FORUM-Heft, das Ihnen hier vorliegt, ist das letzte „fette“ FORUM. Das erste GMIT unter Beteiligung der DMG wird im März herauskommen. Sie alle werden GMIT viermal im Jahr erhalten.

Ich habe in den letzten Jahren die Beobachtung gemacht, dass die Zahl der Studenten oder Post-Doktoranden aus deutschen Universitäten, die an großen internationalen geowissenschaftlichen Konferenzen teilnehmen, im Allgemeinen sehr niedrig ist. Das ist sehr bedauerlich. Gerade für die jungen Leute ist es wichtig, dass sie durch Präsentation ihrer Arbeiten im Ausland und durch Kontakte mit Forschern aus anderen Ländern den Stellenwert ihrer eigenen Arbeiten einzuschätzen lernen und gleichzeitig die Fähigkeiten, die Ergebnisse ihrer Arbeiten vor einem internationalen Publikum zu präsentieren, erlernen bzw. verbessern. Gelegentlich wird behauptet, es sei sinnlos, wenn Doktoranden zu großen internationalen Konferenzen führen, da die meisten von ihnen später doch nicht in der Wissenschaft blieben. Dieses Argument kann ich nicht gelten lassen. Jeder, der auch nur einen annähernden Einblick in die internationale Konferenzszene hat, weiß, welchen Aufwand und welche Mühe Studenten aufwenden, wenn sie ihren ersten Vortrag in Englisch halten. Dabei lernen sie Fähigkeiten, die für ihre spätere Tätigkeit extrem wichtig sind, gleichgültig um welchen Beruf es sich auch handelt. Entsprechendes gilt auch für das Schreiben einer Veröffentlichung. Ein Grund für die geringe Beteiligung von Doktoranden, Postdoktoranden aber auch Diplomanden an internationalen Tagungen sind sicherlich die horrend gestiegenen Tagungsbeiträge und die hohen Reisekosten. Der Vorstand hat deshalb beschlossen, jüngeren Forschern durch finanzielle Beihilfe die Teilnahme an internationalen Tagungen zu ermöglichen. Ab sofort können Anträge gestellt werden. Die Vorsitzenden der vier Sektionen nehmen die Anträge entgegen und um den verwaltungstechnischen Aufwand gering zu halten, werden sie zweimal im Jahr, bei den Vorstandssitzungen im Februar und anlässlich der Jahrestagung im Herbst über diese Anträge entscheiden. Damit ist gewährleistet, dass alle Fachgebiete der DMG in dieses Programm einbezogen sind. Das Gesamtvolumen hängt von der finanziellen Situation der DMG ab, sollte aber 15.000 € pro Jahr nicht überschreiten. Die Voraussetzungen für die Antragstellung sind auf Seite 15 dieses Forum angegeben. Ich bitte alle Betreuer von Doktoranden ihre Studenten zu ermutigen, ihre Ergebnisse an internationalen Tagungen zu präsentieren.

Die im Beitrag von Herrn Amthauer angesprochenen und auch von anderen Mitgliedern geäußerten Bedenken bezüglich eines Zusammenschlusses der DMG mit anderen Gesellschaften der festen Erde sind unbegründet. Es geht lediglich um gemeinsame Aktivitäten mit den anderen Gesellschaften der festen Erde, nicht um einen Zusammenschluss. Die Gesellschaften der festen Erde wollen auch innerhalb der Alfred-Wegener-Gesellschaft ihre Gemeinsamkeiten hervorheben, um hier eine stärkere Rolle insbesondere gegenüber den zahlenmäßig überlegenen Geographen zu bilden. Die Zusammenarbeit soll intensiviert werden, aber die einzelnen Gesellschaften behalten selbstverständlich ihre Identität. In der jüngsten Sitzung der Gesellschaften der festen Erde vom 24. 11. 2003 in Göttingen wurde zum wiederholten Male festgestellt, dass es weder eine gemeinsame Mitgliederverwaltung noch jährliche gemeinsame Tagungen geben soll. Für eine gemeinsame Geschäftstelle reicht das Geld nicht, allenfalls für eine virtuelle Zentrale. In unregelmäßigen Abständen sollen aber, wie bisher schon gemeinsame Tagungen mit anderen Gesellschaften durchgeführt werden. Es wurde auch vorgeschlagen kleinere Tagungen bzw. „Workshops“ über aktuelle Themen, die von jeweils einem Mitglied von mindestens zwei Gesellschaften der festen Erde organisiert werden, finanziell zu unterstützen. Ich werde in der nächsten Vorstandssitzung eine Beteiligung der DMG an einem solchen Programm vorschlagen. Sie sollten sich schon jetzt überlegen mit welchen Geologen, Paläontologen etc. Sie eine gemeinsame Veranstaltung über das Aussterben der Dinosaurier veranstalten wollen etc.

Die Wahlen zu den neuen Gutachtergremien der DFG wurden durchgeführt. Zuvor hatte die DFG aus unseren und anderen Listen zehn Kandidaten ausgesucht. Ich hoffe Sie haben sich sofern sie wahlberechtigt waren recht zahlreich an den Wahlen beteiligt. Ergebnisse liegen zum jetzigen Zeitpunkt, d.h. Anfang Dezember, noch nicht vor.

Ich hoffe, Sie haben sich auch an den DMG Wahlen beteiligt. Immerhin sieht der Wahlvorschlag des Vorstands, der nach den gerade ausgezählten Stimmzetteln auch angenommen wurde, eine fast 50%-ige Reduzierung im Alter des Vorsitzenden vor.

In der Hoffnung, dass 2004 ein für die Geowissenschaften im Allgemeinen und die Mineralogie im Besonderen erfolgreiches Jahr wird, wünsche ich Ihnen für 2004 viel Erfolg.

Herbert Palme
Vorsitzender der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft



Anmerkungen der Redaktion:

  1. Eine Reaktion auf den Beitrag „Mineralogie – quo vadis?“ von G. Amthauer im letzten Heft (Nr. 85, S. 18 – 21) findet sich in diesem Heft auf S. 33.

  2. Der Redakteur der DMG beim GMIT, den „Geowissenschaftlichen Mitteilungen“ ist (s. Auch S. 21):
    Dr. Guntram Jordan
    Institut für Geologie, Mineralogie & Geophysik
    Ruhr-Universität Bochum
    Universitätsstr. 150
    44780 Bochum
    Tel. +49 (0) 234 / 32-24375
    FAX: +49 (0) 234 / 32-14433
    E-mail: guntram.jordan@ruhr-uni-bochum.de

    Bitte schicken Sie ihm Ihre für das GMIT bestimmten Beiträge. Alle, an den Redakteur des FORUM zukünftig gesandten Beiträge, die für das GMIT geeignet sind, werden an Herrn Jordan weitergegeben.

  3. Die Ergebnisse der Briefwahlen der DMG finden Sie auf S. 8 dieses Heftes.